1.9.16

Wild vermischtes Kalifornien der ausgedehnten 90er



Im gerade eben erst ausgelaufenen August habe ich einige pinot-ferne kalifornische Rotweine älteren Jahrgangs getrunken. Drei aus den 1990ern und einer der gerade so über die Milleniumsgrenze gesprungen ist. Also ein 2000er. Darunter waren solche Klassiker wie Caymus Cabernet Sauvignon und einen Ridge Santa Cruz Mountains Cabernet Sauvignon. Aber auch sehr ausgefallenen Kreationen wie ein Super Tuscan aus Napa oder einen mittlerweile fast schon autochton anmutenden Wein von Ridge. Die etwas längere Zeit haben alle gut überstanden. Und so waren sie dann schließlich ...



Es gibt kaum einen kalifornischen Cabernet den ich öfters getrunken habe als den von Caymus. Den Caymus Cabernet Sauvignon 1995 hatte ich bis jetzt noch nie im Glas. Diese Flasche stand trotz seines erschmeckbaren Alters noch erstaunlich gut da. Erstaunlich wegen seiner Herkunft aus alles anderem als optimaler Lagerung. Der Wein war geprägt von Leder, Erde, prügel-dunklem Kaffee, Pfeffer, schrumpeliger roter Paprika, Blut, Kohle, Jod und minimalster nicht weiter abträglicher Wurzeligkeit. Seine im Moment vergehende Kraft war noch spürbar. Seine gewisse Rassigkeit noch sehr beachtlich. Irgendwie bildete ich mir ein den für Caymus ungewöhnlich hohen Cabernet Franc Anteil von 17% immernoch rausschmecken zu können. Wenn noch irgendwo eine Flasche auftreibbar ist würde ich sie schnell trinken. Meine war sicherlich immer noch sehr anständig *****

Ein weiterer Klassiker war der Baby Montebello namens Ridge Santa Cruz Mountains Cabernet Sauvignon 1998. Der Großteil seiner Trauben stammen aus höhergelegenen Lagen im Montebello Weinberg. Mit rekordverdächtigen 12% zeigte sich dieser Cabernet Sauvignon (ganz genau 88% Cabernet Sauvignon, 5% Merlot, 5% Petit Verdot und 2% Cabernet Franc) enorm schlank, sehr kühl, angenehm reduziert schwarzbeerig, recht tabakig und wunderbar erdig-laubig. Man schmeckte den ungewöhnlich kühlen Jahrgang 1998 mit enorm später Lese (Ernte war Mitte November 1998). Knall straffe Säure und leicht kitzelndes Tannin passten wirklich gut ins Gesamtbild rein. Dieser Ridge stand noch wirklich super gut da! Dürfte aber eher nichts für Freunde von vollfruchtigen „Maul-voll-Weinen“ sein. Dafür war er wohl zu streng und ernst. Sicherlich hätte er im Abgang etwas länger sein können. Gleiches gilt für seine eher solide Komplexität. Mir war das aber komplett egal, da es sich um einen sehr ausgeglichenen und erstaunlich eleganter Wein handelte. So finde ich Cali Cabs wirklich Spitze. Allemal ein wirklich sehr anständiger ***** Cabernet Sauvignon aus den Santa Cruz Mountains.

Einen Super Tuscan in Napa Valley zu produzieren muss man wahrscheinlich schon etwas PAZZO sein. Einen solchen Wein zu kaufen muss man wahrscheinlich ebenfalls PAZZO sein. Naja, schließlich zielt die Namensgebung PAZZO auch ganz bewusst auf diesen Umstand ab. Somit sollte das schon passen, dass sich dieser PAZZO in ein Glas eines PAZZO verirrt hat. Der Pazzo 2000 von Bacio Divino Cellars in St. Helena besteht zu 73% aus Sangiovese, 23 % Cabernet Sauvignon und 4% Zin und wurde für 24 Monate in französischen und ungarischen Barriquefässern gereift. Sangiovese Attribute waren beim PAZZO ganz offensichtlich. Dunkle Sauerkirsche, etwas Sojasauce, Leder, ein Hauch Wacholder und etwas streng Eisenhaftes standen im Fokus. Alles etwas soft und rundlich, aber dafür immer noch voller Lebenskraft. Sein etwas zu alkoholischer Touch (14,1%), ich bin da etwas sehr sensibel, wirkte schon leicht wärmend und sogar einen Hauch ätherisch. Dichte, die passable Säure und eine erwähnenswerte Länge im Abgang passten insgesamt sehr gut. Letztendlich eigentlich gar nicht so PAZZO würde ich meinen! Nur wenn ich lange genug dieses leicht psychedelisch anmutende Etikett angeschaut hätte, hätte es mit dem PAZZO vielleicht klappen können. Alles in allem ein gelungener und gar nicht so sehr ausgefallener Wein. Anständig **** war er sicherlich allemal.

Beim fast schon autochton anmutenden Wein handelt es sich um einen Wein aus einer Rebsorte die zwar ursprünglich aus Südfrankreich stammt, dort unter dem Namen Durif bekannt, aber heute hauptsächlich nur noch in Kalifornien aufzufinden ist. Ich meine natürlich Petite Sirah. Einen Petite Sirah in einem so fortgeschrittenen Alter habe ich noch nie verkosten können. Laut dem bei Ridge Weinen gewohnt super informativem Rundetikett hatte Petite Sirah im Jahr 1998 in den hochgelegenen Hanglagen (bis zu 550 m hoch) von Napa Schwierigkeiten komplett auszureifen. Daher soll der Ridge York Creek Petite Sirah 1998 - leider hält sich meine Expertise bei diesem Wein von Ridge stark in Grenzen - etwas extraktärmer und kerniger als andere Jahrgänge sein. Mir sollte das ganz recht sein. Zu viel Extrakt und marmeladige Frucht hab ich schon viel zu oft in Weinen dieser Rebsorte durchlitten. In der Tat, dieser Ridge präsentierte sich ganz anders. Er zeigte sich enorm pfeffrig, hat im Abklingen befindliche Spuren von Brombeeren (und ein paar Schwarzkirschen), kräftiger Wacholder, etwas schwach gezuckerten Nougat, ein Hauch an Bratensoße aus der Tüte, schwarze Oliven und eine markante kräftige an Lehm erinnernde Erdigkeit. Am markantesten fand ich seine ganz außergewöhnliche strukturelle "Soft-heit". In solch einer Form hatte ich noch nie etwas Vergleichbares verkostet. Leider fühle ich mich komplett außer Stande diese mit schnöden Worten wiederzugeben. Alles in allem eine sehr spannende Angelegenheit! Für mich das Highlight unter diesen wirklich wohl gealterten Flaschen aus Kalifornien. Auf meiner zugegeben zweifelhaften Bewertungsskala ordne ich ihn sehr gerne und zweifelsohne in das obere Ende meiner sehr anständig ***** Bewertungskategorie ein.

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