Und wieder einmal geht es in das
sonnige Kalifornien zum Pinot Noir "süffeln"! Dieses Mal in eine etwas ungewöhnliche, für Pinot ungewöhnliche, AVA.
Die Region Napa und ihre Unterregion Carneros waren zwar in den Frühzeiten des
kalifornischen Pinot Noir-Weinbaus im ausgehenden 19. Jahrhundert
sehr beliebte Anbauorte, doch in den letzten Jahrzehnten hat sich
dies zu Gunsten von Central Coast and Sonoma (inkl. Coast) gründlich
geändert. Auch heute gibt es zwar noch einige Produzenten, darunter
offensichtlich auch der Produzent meines heutigen „Pinot weit weg“, doch auf
breiter Basis ist man von diesem (Pinot-)Weg in Napa abgekommen. Bei
Cuvaison, der Produzent des heutigen Pinots – falls ich es noch
nicht erwähnt habe, handelt es sich um ein Weingut, dass in den
späten 1960er Jahren von zwei (ziemlich frühen) Silicon Valley Boom Profiteuren
gegründet wurde. Seit dem haben die Besitzer des Weinguts mehrmals gewechselt. Seit 1979 befindet sich das Weingut nun durchgängig in Schweizer
Hand und wurde seit dem zu seiner heutigen beeindruckenden Größe ausgebaut. Neben
Pinot Noir, der im Sortiment des Weinguts mit verschiedenen Weinen
eine durchaus wichtige Rolle spielt, werden auch Sauvignon Blanc,
Zinfandel, Chardonnay, Syrah und seit einigen Jahren aus Lagen in Mount Veeder auch ein
Merlot-Cabernet Cuvée angeboten. Bei meinem heutigen Estate Pinot Noir
2009 handelt es sich um den Einstiegspinot - um einen recht
kostspieligen, wie es sich für Napa natürlich ziemt, Einstiegspinot des Weinguts
Lasst uns mal schauen wie dieser
Einstieg so war … Ach ja, neben dem Cuvaison gab es noch eine paar Burgunder, Nebbiolos und Rieslinge! Diese wurden selbstverfreilich nicht gesüffelt sondern tiefgehend "analysiert"! Die dürft
ihr euch nicht entgehen lassen ….
Die Farbe des Estate Pinots 2009 zeigte
sich ein wenig dunkel, etwas trübe und nicht weiter sonderlich spektakulär. Am ersten Tag
zeigte sich die Nase, wie auch der Geschmack, sehr fruchtbetont (sehr
kräftige und fast scharf-stechend wirkende Erdbeeren und süß-saftige
Kirschen), etwas suppig und mir mit etwas zu viel Fruchtsüße
ausgestattet. Wiederrum nichts sonderlich Spektakuläres nehme ich an. Am zweiten
Tag wirkte die Erdbeerfrucht etwas raffinierter und reifer. Dazu kamen
Eindrücke von frisch gezapften Kautschuk, Zündhölzer, ein paar Blaubeeren und eine
gewissen Rosinigkeit an meinem Gaumen auf. Nun wirkte der Wein
wesentlich „liköriger“, immer noch etwas süßlich, zweifelsohne
immer noch recht jugendlich, mehr alkoholisch als zuvor und mich strukturell und
im begrenztem Maße geschmacklich an einen leichten südfranzösischen Grenache
Wein erinnernd. Wie man aus meiner ungewohnt kurzen und sehr
schwammigen Beschreibung ersehen kann hat mir der Wein nicht
sonderlich gefallen. Einige positive Qualitäten wie gut vorhandene
Säure, eine gewisse Vitalität und eine nicht zu ausgeprägte spät
aufkommenden einfache mineralische Komplexität möchte ich nicht
unterschlagen. Doch mehr als so la-la *** Gefühle konnte er in mir
nicht erwecken. Zum unverfänglichem "Süffeln" ist er alle mal was ...
Abgesehen von dem wärmend-fruchtigen
und tendenziös mich enttäuschenden Carneros Pinot gab es eine nette
Ansammlung von mehrheitlich sehr anständigen Weinen. Um das Elend
gleich zu Anfang abzuarbeiten möchte ich mit dem Flop des Abends
beginnen. Der Nuits-Saint-Georges Premier Cru 2002 von der Domaine
Thibault-Ligier Belair, mehrheitlich aus der Lage Les-Saint-Georges
stammend, war wunderschlecht oxidiert und konnte keinen der Verkoster
mehr sonderlich erfreuen. Dem hingegen vermochte es ein
"Nahezupensionär" aus dem Hause Maire & Fils (einst in Beaune), ein
Morey-Saint-Denis aus dem Jahr 1962, mich positiv zu schockieren. So
viel Leben, so viel fein nuancierte Kraft, so viel angenehm
ausgereifte (und doch frisch wirkende) Tertiäraromen und sogar sehr
gut aufschnappbare an Frucht erinnernde Komponenten von reifen
getrockneten Kirschen und einigen Orangenschalen hätte ich dem Wein
nie und nimmer zugetraut. In der Tat ein sehr anständiges *****
Überraschungs-Erlebnis.
Von Rieslings Seiten her empfand ich den
Karthäuserhofberg Auslese 1991 Versteigerungswein von Christoph
Tyrell sehr gelungen, fast schon saftig fruchtig – einer
Eigenschaft die ich bei Karthäuserhof Weinen so nicht kenne – und
durch die Bank sehr anständig *****. Ähnlich und ganz anders
präsentierte sich der Riesling Ürziger Würzgarten Auslese *** 1994
vom Weingut Jos. Christoffel Junior. Viel Tiefe, typische Würzgarten-Würze
und Länge konnten mich ganz klar überzeugen. Es wird langsam
langweilig – ebenfalls sehr anständig *****.
Die Farbe wieder
wechselnd zeigte der Colonnello Barolo 1993 von Aldo Conterno was er
konnte. Angenehme würzig-schlammige Erdigkeit, durch die Zeit
verweichlichte blutige Brutalität, eine schöne und vielleicht nicht
zu eleganten Filigranität und Leichtigkeit, nicht zu vergessen eine
ländlichen Kernigkeit sowie eine eher zufriedenstellenden Länge
machten den Wein für mich aus. Letztgenannter Aspekt war für mich
der Grund der meine Begeisterung auf hohem Niveau in Grenzen hielt.
Dafür eine tolle Komplexität der Aromen. Es wird immer langweiliger
- sehr anständig *****! Auch der Barbaresco Rio Sordo 2001 von
Giacosa Fratelli hatte seine Qualitäten. Für mich schmeckte er
blutiger, rustikaler, etwas tierischer und gröber als sein Freund aus dem Nachbardorf.
Ein absolut anständiger **** Nebbiolo der sich auch noch einige Zeit
zur Entwicklung leisten darf. Der Barolo Rocche 1996 von Giovanni
Accomasso aus La Morra war für mich neben dem sehr alten Burgunder
aus Morey-Saint-Denis das Highlight des Abends. Aus sehr
unterschiedlichen Gründen. Wobei …?! Zumindest die
außerordentliche Jugendlichkeit, natürlich in Relation gesetzt, mag
die beiden Weine in gewissen Verbindung gesetzt haben. Der Rocche
erschien mir sehr jugendlich und Spannung, von der Stilistik sehr raffiniert,
elegant und geschliffen und von mir aus auch burgundisch (heute kann
der Teufel mich für diese dähmliche Verallgemeinerung sehr gerne
holen). Eigentlich konnte ich in diesem Wein keinerlei mir negativ
aufstoßende Eigenschaften, wie es sich für meinen Gaumen bei
Nebbiolo Weinen eher selten verhält, aufgefallen. Daher für mich
ein fantastischer ******, eher leichtfüßiger und sehr
vitalisierender Barolo! Mehr … per favore!
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