Heute möchte ich nun endlich meine
Suche nach außerburgundischen Pinot Noirs aus französischen Landen
fortsetzen. Die gewissen Verzögerungen im Verkostungsablauf mag ich
entschuldigend erklären, dass ich in den vergangenen Wochen damit
schlichtweg gescheitert bin, einen hier präsentablen Pinot Noir aus
dem Elsass, der sich jenseits der bekannten und berüchtigten Pinots
von Albert Mann oder Marcel Deiss verortet ist, finden zu
können. Von insgesamt acht verkosteten Weinen konnte mich keiner
soweit überzeugen, dass ich auch nur ein Satz darüber hätte
schreiben wollen. Schade eigentlich! Nun ja, dies mag ein wenig den
zur Eintönigkeit neigenden Umstand erklären, dass sich meine Zuge heute schon wieder gen Loire ausrichten wird. Doch im heutigen Fall ist der Begriff
Eintönigkeit wahrscheinlich nicht ganz glücklich gewählt. Denn das
Cuvée Jacques 2008 der Domaine Saint Nicolas stammt aus keiner
klassischen Pinot Noir Region an der Loire. Vielmehr bewege ich mich
heute stark gen Westen in die von Schiefer- und Quarzböden geprägte
atlantiknahe Region Fiefs Vendéens in der Nähe der Stadt La
Roche-sur-Yon. Hier bereitet Thierry Michon von der Domaine Saint
Nicolas sowohl reinsortige als auch verschnittenen Weine aus Pinot Noir,
Negrette, Cabernet Franc, Gamay, Chenin Blanc und Chardonnay nach
biodynamischen Richtlinien (Demeter zertifiziert seit 1995) her. Mein
heutiger Wein namens Cuvée Jacques besteht zu 90% aus Pinot Noir
und 10% Cabernet Franc. Nach der manuell erfolgten Ernte wurden die
Trauben zu 100% entrappt und für 10 bis 12 Tage in kleinen offenen
Holzbottichen spontan und je nach Rebsorte getrennt vergoren. Der 15 monatige
Ausbau in 450 l Fässern erfolgte ebenfalls getrennt um dann die Weine in
großen Stahlbehältern letztendlich zu assemblieren. Dann lasst uns mas
schauen, wie dieser von seiner lokalen Herkunft ungewöhnliche, fast
reinsortige Pinot Noir sich präsentiert hat …
Was meine visuellen Eindrücke angeht
fielen mir als erstes die reichhaltig vorkommenden und sehr dunklen
wirkenden Schwebeteilchen ins Auge. Was ihre Menge und Größe
betrifft sicherlich erwähnenswert. Sonst zeigte der Jacques viel
Transparenz, einen leichten Violettschimmer im vorherrschenden
Rubinrot und leichte Verfärbungen in der koronalen Region. In meiner
Nase zeigten sich Assoziationen von Orangenzesten, Moos, Algen,
feuchtes Heu, Brausepulver mit Geschmackrichtung Waldbeeren, harter kalter
Rauch und schwitzender galoppierender Schimmel am Meeresstrand.
Natürlich ist die letzte Assoziation grandios dämlich! Klar! Doch
diese Bilder sind wirklich vor meinem inneren Auge aufgeflackert.
Wahrscheinlich um eine bildhafte Brücke zwischen der Prägung des
Atlantiks und einer ländlichen Wildheit und Rustikalität zu
spannen!? Am Gaumen beherrschte das ungewöhnlich straffe und harte
Tannin meine komplette dreitägige Verkostung. Nun ja, am dritten Tag
war diese harte Prägung nicht mehr ganz so präsent. Doch wirkte der Wein am dritten Tag auch nicht mehr so spannungsgeladen und lebendig wie zuvor. Von
Seiten der Aromen zeigte er viel jugendliche grüne Würze von
Thymian, Algen, Moos, frisches Unterholz und wiederum eine ganz leicht brausig wirkende
dunkle Beerenfrucht (viel Heidelbeeren und ergänzende
Waldhimbeeren). Palatal sehr prägnant erschien mir auch das massive
Steinsalz, die metallische Kälte, die bissige Zitronensäure am
ersten Tag und der sehr kalt wirkende Rauch. An den Folgetagen zeigte der Jacques sicherlich mehr Balance! Sehr eigenständig und charaktervoll
blieb er dennoch. Meiner Ansicht nach ein Pinot Noir (mit
Beimischung) der bis jetzt eher „akademischen“ Spass mit gewissem
Anspruch garantiert. Gewisse Anstrengung, und vor allem Einlassung, von Seiten des Verkosters fordert er allemal ein. Mal sehen was mehr Flaschenreife noch bringen wird. Ein seidiger Schmeichler oder elegant-internationalistischer
Kosmopolit wird er wohl nie wirklich werden. Muss er ja auch nicht. Für
mich war es sicherlich ein einprägsames und noch gerade so anständiges**** Pinot Erlebnis.
No comments:
Post a Comment