Der dritte Bewerber um meinen kleinen
„Copa do Pinot“ kommt von der anderen Seite der Anden aus dem
Valle de Leyda am, für Weinenthusiasten nicht ganz unbekannten,
Fluss namens Maipo. Bei Viña Leyda, dem Produzenten des heutigen Pinot Negro, handelt es
sich um ein recht junges Unternehmen. Erst 1998 begann das
„Wein-Abenteuer“ in dem bis dahin eher für klassische
Feldwirtschaft bekannten Leyda Tal. Heute baut Viña Leyda auf mehr
als 230 Hektaren die in Chile weit verbreiteten Rebsorten wie Chardonnay, Merlot, Syrah usw. an. Doch Pinot Noir nimmt mit vier unterschiedlichen Weinen wahrscheinlich die zentrale Rolle der Produktpalette ein. Mein heutiger Pinot Noir
kommt aus der leicht abfallende gen Südwesten ausgerichteten von roten Tonböden
geprägten Einzellage Las Brisas aus dem Jahr 2011. Die Klone für diesen Pinot
entstammen aus einer sélection massale von unterschiedlichen in
Oregon verwendeten Klonen. Für mich ein Novum, welches mir so nicht bekannt war. Aber weiter im Text ... Jetzt schaun' wir mal wie er denn nun ist - dieser
Chilene! Ob er mit kompromisslosem Krafteinsatz und bissigen Beharrlichkeit die
Brasilianern im Glas - wie in Mineirão - ins Schwitzen bringen kann
...!?
Die Farbe des Las Brisas zeigt ein sattes
Granatrot welches dennoch sehr transparent und voll von glänzend-jugendlich
wirkenden Reflexen ist. Seine Nase wirkt sehr parfümiert, ziemlich
kühl-eukalyptisch, voll an Frucht und schlussendlich total
chilenisch. Neben den sehr kräftig ausgeprägten Fruchtdüften von
reifen Himbeeren und komplementär begleitenden Waldbeeren zeigen sich ebenfalls ein Mee(h)r an Komplexität verleihenden tertiär-lastige Aromen wie
getrocknetes Laub, Waldboden, Wacholder und Piment. Trotz seiner etwas sehr
draufgängerischen und über-mitteilungsfreudigen Art gefällt mir
die Nase irgendwie. Sie wirkt sehr typisch, sehr klar und „sauber“. Am
Gaumen zeigen sich ähnliche Eigenschaften. Die sehr reifen und
dennoch eher kühl wirkenden Fruchtaromen, eukalyptisch bedingter Eindruck
nehme ich an, von Himbeeren und wesentlich kräftiger ausgeprägten
anderen Waldbeeren, zeigen sich etwas vordergründig und sind sonst auch sehr
ausdrucksstark. Die eigentliche Fruchtsüße könnte meinetwegen ein
wenig schüchterner daherkommen. Exzessiv ist sie aber auf keine Fall. Der Einfluss von Laub und
getrockneten Gewürzen erscheint mir ein wenig zurückgefahren und
mit flintig-würzigen Zügen, die ich meist mit Feuerstein
assoziiere, "angereichert". Leichte alkohol bedingte ätherische Züge, welche für die meisten
chilenischen Pinot Noir eher typisch ist, möchte ich nicht
verschweigen. Als im Gesamtbild sonderlich störend empfinde ich
diese nicht, da der feste Körper mit ihnen gut umgehen kann. Die Struktur des Körpers ist eindeutlich
„neuweltlich“ kraftvoll und saftig, gut (vielleicht zu gut)
abgeschliffen, nicht schauerlich komplex und leicht
überdurchschnittlich lang. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb,
trinkt sich der Wein sehr flüssig und macht auch richtig Spaß,
obwohl er weit von meinen präferierten Pinot-Stilistiken
entfernt ist. Es ist eben ein „sehr gut produzierter“ Wein ohne
richte Makel, ohne Anstößigkeiten, ohne Ecken, ohne Kanten und mit viel Maipo-Casablanca-Herkunfststypizität von
schlichtweg anständiger **** Qualität.
Ob sich meine vorangestellte
rhetorisierend-transpirierende Frage letztendlich bewahrheitet wird,
kann ich heute leider gar nicht mehr weiterverfolgen, da ich nun
einem anderen, musikalischem - sogar etwas brasilianischem, Hochkulturgenuss weit abseits von Fußball und Wein
frönen darf. Bis jetzt war die Entschlossenheit der Chilenen ja eher durch Zufälligkeit und gewisse Fähigkeiten im Metzgerhandwerk geprägt. Naja, vielleicht kommt morgen noch eine
Nachberichterstattung. Was diesen Pinot Noir bei „Copa do Pinot“
betrifft hat Chile schon mal die Nase vorerst vorne!
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