„Gepflegte Langeweile“ ist auch bei
Wein keine Schande! Manchmal kann solch eine unaufgeregte Erfahrung
auch von Vorteil sein. Immerhin kann man in solchen Fällen nicht
davon schreiben, dass es zu Überraschungen negativer Natur und Ähnlichem kam.
Solche Überraschungen sind mir leider bei Verkostungen von Pinot
Noirs viel zu vertraut und kommen leider viel zu häufig vor. Letztlich ist alles immer eine Ansichtssache.
Kurz geschrieben. Im vorliegenden Fall sollte man als Leser nicht davon ausgehen, dass
gepflegte Langeweile negativ konnotiert ist. Daher, bitte kein
voreiliges Abbrechen des „Lesegenusses“ ;-) ...
Beim heutigen Pinot Noir handelt es
sich um den Nimbus Estate 2010 von Vina Casablanca aus dem westlichen
Teil des Valle de Casablanca in Zentralchile. Die mehrheitlich auf
Granitböden gewachsenen Pinot Trauben wurden von Hand gelesen,
zweimal im Namen der Qualität über den table de triage gejagt, dann einer
fünftägigen Kaltmazeration unterzogen, danach in Edelstahl und Holz
vergoren um letztlich zwischen 10 und 12 Monaten einem
Schlummerschlaf in 50%igem neuen französischen Holz zu verbringen.
Die Farbe des Nimbus passte zur
ursprünglichen Bedeutung des lateinischen Wortes Nimbus = dunkle Wolke. Er war sehr
dunkel für einen Pinot, doch schleierhaft war diese dunkle Wolke
nicht. "Satte" Durchsichtigkeit war druchweg gegeben. Seine Nase war vom Start
weg 100% Chilenisch. Viel Kühle, viel Eukalyptus und viel frische
Minze. Dazu Düfte von sehr reifen Himbeeren einigen Brombeeren und etwas von Hibiskus.
Jenseits seiner sehr fruchtbetonten Art konnte ich keine hervorstechenden
Facetten erriechen. Der Geschmack zeigte sich sehr unterkühlt und
relativ einfach gestrickt. Sehr sauber und etwas glatt wirkende
Fruchtaromen von Brombeeren, nicht sehr reif wirkenden Pflaumen,
Spuren von Heidelbeeren und die eine oder andere Himbeere prägten
den Wein. Beim offensichtlichen Einfluss der Fruchtsüße auf das
Gesamtbild wurde mir ein wenig zu viel Ambition an den Tag gelegt.
Der eukalyptisch-minzige chilenische Touch war am Gaumen nicht so
ausgeprägt wie es Nase vorab vermuten lies. Nach vielen Stunden gesellten
sich zu diesem Potpourri aus Früchten ganz fein nuancierte erdige Noten und
Aromen von getrocknete Pilze hinzu. Die Tannine waren dunkel, gut abgeschliffen
und kaum noch spürbar. Glücklicherweise stellten seine 14 % Alkohol kaum ein Problem
dar.
Jetzt dürfte klarer werden was ich mit
„gepflegter Langeweile“ meinte. Keine Überraschungen, keine
flamboyant Charakterzüge, keine Zickigkeit, keine Ecken, keine
Kanten! Einfach nur ... einfach gestrickter und fruchtbetonter Pinot Noir
aus Chile. Für mich einfach So la-la***.
Der bis jetzt noch unerwähnte auf dem Foto rechtsstehende
Spätburgunder vom Weingut Jürgen Ellwanger aus dem Hitzejahr Jahr 2003 war da
leider das krasse Gegenteil. Gepflegte Langeweile kam
bei diesem Wein keinesfalls auf! Dieser war durchweg von seinen 15%igen
alkoholischen Argumenten bestimmt. Der Wein war sehr rosinig, sehr brandig, hatte
viel braune pampige und etwas gestresst wirkende Frucht. Balance dürfte ein Ausdruck sein, der bei diesem Wein keine Erwähnung finden sollte. Der Nervigkeitsfaktor war leider viel zu hoch. Kraft und
seine ganz eigene Art von Vitalität hatte der Wein zweifelsohne.
Doch Spätburgunder war das für mich nicht mehr. Sehr Schade, da ich
sonst die Weine vom Weingut Jürgen Ellwanger, auch aus dem Jahr
2003, sehr schätze. Dieser war bei höheren Temperaturen jenseits
der 16 C für mich kaum noch trinkbar. Also ... gepflegte Langeweile ist gar nicht so übel!
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