Endlich! Endlich habe ich es geschafft
meine Notizen von Teil Drei von Schweizer Allerlei zu sortieren um sie dem virtuellen Kosmos zur Verfügung stellen zu können! Dieses Mal gibt es
kleine Abweichung im Vergleich zu den vorangegangenen Schweizer
Allerlei Verkostungen. Es wurde mehrheitlich aus 0,75 Flaschen
genossen. Zur Hölle mit der Leber und all den Vorsätzen! Darüber hinaus entstammten die meisten
der verkosteten Weine aus der Oberklasse des jeweiligen Weingutes. Auch dieses Mal
soll meine Allerlei Exkursion mit einem Chasselas aus dem Kanton
Waadt beginnen. Im Waadt verweilend kommt es mit einem
Saint-Saphorin zu einem beträchtlichen Farbwechsel. Anschließend
geht es hoch hinauf in die Bergwelt des Wallis. Dann tief herunter an
den Zürichsee. Um schließlich wie immer im Tessin ein gebührenden
Abschluss zu finden. Genug der Worte! Her mit dem Wein …
Für alle Schweizer Leser würde ich
vorschlagen die nun folgenden zwei Absätze einfach zu überspringen!
Es könnte langweilig werden. Von diesem nun folgenden Wein dürfte
wohl jeder vinophile Schweizer zumindest schon einmal im Leben ein
Schlücken verkostet haben. Also eher nicht viel neues zu erwarten.
Zumal, ausgerechnet aus meiner Feder da wirklich nicht viel neue
Erkenntnis hinzukommen dürfte. Für alle anderen soll das genug der
Vorrede sein. Er erste Schweizer aus Allerlei Teil Drei Wein ist der
Aigle les Murailles 2011 von Henri Badoux aus dem Chablais am
östlichsten Zipfel des Genfersees. Vergoren und Ausgebaut wurde
dieser aus gips- und kreidehaltigen „schwindelerregenden Terrassen“
stammende Chasselas im Edelstahl.
Der Inhalt, der wie gewohnt etwas lustig-frivol aussehenden Pot Vaudois Flasche, hatte einen glänzende ins
Silber-Messing tendierende Farbe, die mir gar nicht so farbarm vorkam
wie bei anderen Jahrgängen. Auch die dichte Viskosität überraschte
mich ein klein wenig. Die Nase verströmte viele Aromen von delikaten
weißen Blüten (vielleicht auch Lindenblüten), ein gehöriges Maß
an Akazienhonig, Spuren von Gras sowie eine einfache und angenehme
"Milchigkeit". Am Gaumen war er schlank, nicht dünn – wie von mir
vorab genährt aus vorherigen Erfahrungen befürchtet, sehr klar, in
vielerlei Hinsicht mild (Säure, Fruchtausdruck, Mundgefühl usw.),
zeigte angenehme delikate Honigaromen, Etwas von Bayrisch Creme, mit
Betonung auf Creme, und eine relativ jung wirkende grüne würzige
mineralisch Prägung. Ich hatte diesen nicht sehr diffizilen, milden
und sehr trinkigen Wein aus früheren Jahren in nicht all zu guter
Erinnerung. Der 2011er aus der 0,37 Flasche scheint im Moment in
einer wirklich guten Verfassung zu sein. Für mich ohne Probleme ein
guter so la-la*** Chasselas.
Etwas weiter im Westen, entlang des
Genfersees, kommt man in der Region um Vevey in das mit ca. 805 ha
ein wenig kleinere Weinbaugebiet Lavaux. Das Lavaux mit seinen
namenhaften Grand Cru Appellationen dürfte vielleicht der
interessanteste Abschnitt des Genfersees sein. Die Weine der Domaine
Louis Bovard aus dem Dörfchen Saint-Saphorin sind keine Unbekannten.
Auch hier dominiert im Sortiment zweifelsohne der Chasselas. Doch
auch Rotweine, wirkliche Rotweine, aus Syrah und Merlot kommen
zahlreich auf die Flasche. Ich möchte heute meine Aufmerksamkeit dem
„Mittelklasse“ Rotwein Cuvée des Hauses schenken. Das Cuvée
Louis aus dem 2011 ist ein für 15 bis 18 Monate in Barrique und
großen Holzfässern ausgebauter Verschnitt von zu je einem Drittel
Syrah, Merlot und Pinot Noir.
Die Farbe des Cuvée Louis erinnerte
mich spontan an frisches Ochsenblut mit klaren Reflexen und einem
Hauch von Transparenz. In der Nase meinte ich, dass der würzige
Syrah eindeutig dominierte. Der Duft verströmte vielerlei Gewürze,
dunkle Beerenfrucht, etwas Trockenfleisch und so manch
lakritzig-teerigen Aromen. Eine verständlicherweise sehr junge, auch
ein wenig ungestüme Nase, aber keinesfalls uninteressante Nase. Auch
der Geschmack des Louis zeigte viel von seiner Jugend. Die dunkle
Beerenfrucht wirkte zunächst ein wenig schüchtern. Das
Trockenfleisch und die Gewürze, insbesondere weißer Pfeffer,
wirkten intensiv und vielleicht ein bisschen sehr seifig. Das Tannin
war semi-hart, staubig und etwas burschikos. Später und am zweiten
Tag öffnete sich der Wein hinzu einem (gefühlt) sehr präsenten,
durchweg kühl wirkenden und angenehm würzigen, Syrah mit
schmeckbarer Merlotbeigabe. Die etwas wilde Charakteristik inkl. der
Trockenfleisches nahm mit der Zeit stetig ab. Die an der Cuvée
beteiligten Teilnehmer Merlot und insbesondere Syrah waren eindeutig
schmeckbar. Der Pinot Noir ging an meinem Gaumen eigentlich komplett
unter. Mag sein, dass er dem Wein seine Frische und die zu keinem
Zeitpunkt zur Üppigkeit tendierende Struktur lieferte. Doch
geschmacklich merkte ich nichts von diesem Drittel. Für mich ohne
Zweifel ein anständiger **** Wein der mir Spaß bereitete. Eine gute
Länge sowie ansprechende Konzentration inklusive. In einigen Jahren
bestimmt ein unkomplizierter und nicht unterfordernder Spaßwein
kühler Prägung.
Beim nächsten Wein geht es hoch
hinaus! Die St. Jodern Kellerei im deutschsprachigen Teil des Wallis
verfügt nach Eigenaussage mit dem Heidadorf
Visperterminen (650 bis 1150 m über dem Meeresspiegel) über
den höchstgelegenen Weinberg Europas. Das Traubengut für meine
„Pinot hoch hinaus“ kam ebenfalls aus diesem Weinberg. Beim
Blauburgunder 2011 handelt es sich um einen Wein der nur knapp über
10 Franken (0,75 l Flasche) gekostet hat. Demnach war es bis jetzt
der bei weitem günstigste Wein während meiner Schweizer Allerlei
Verkostungen.
Seine Farbe zeigte ein sehr glänzendes,
sehr klares, super klassisch wirkende Rubinrot mit sehr engem
Wasserrand und enorm viel Transparenz. Die Nase war simpel, kühl und
ohne irgendwelche Schnörkel oder verstecktem Entwicklungspotential.
Düfte von Hagebutten, ein paar helle Pflaumen (chinesische) und viel
Rauch machten das etwas zurückhaltende und sehr leicht wirkende
Bukett aus. Am Gaumen zeigte sich frische und mir etwas zu süß
wirkende Erdbeerfrucht sowie Spuren von Karamell und Orangenschale.
Die rauchige Prägung war auch hier vorhanden. Der Körper wirkte
schlank, rank und ein ziemlich simpel. Auch die sehr dezenten
Bitterstoffe im Abgang möchte ich nicht verschweigen. Trotz mancher
Einfachheiten und Defizite ist das, was letztlich für diesen Preis
und dieser Lage auf die Flasche gebracht wurde durchaus respektabel.
Wenn ich auch eher der Meinung bin, dass eine stärkere (und
letztlich teurere) Qualitätsorientierung in so einer exponierten
Lage vielleicht vorteilhafter wäre. Ein solider so la-la*** Pinot
aus dem Basissegment.
Von ganz oben in den Bergen geht es
beim nächsten Wein in das helvetische Tiefland, wenn man in der
Schweiz von so was überhaupt reden mag, rund (oder fast rund) um den
Zürisee. Direkt gegenüber der was die Önologie betrifft hoch
relevanten Gemeinde Wädenswil liegt der Ort Männedorf. In dortiger
Umgebung betreibt seit 1998 Rico Lüthi auf geschlagenen zwei
Hektaren in den Lagen Ueriker Risi, Sternenhalde und Lattenberg
Weinbau. Da mir die Region in und um Zürich etwas vertrauter ist
habe ich mich auf diesen Wein ganz besonders gefreut. Der Pinot
Noir Élevé en Barrique 2010 wurde mit ca. 18 Tagen Kaltmazeration
und zwölfmonatigem Barriquelager zubereitet.
Bei
den visuellen Merkmalen des Élevé en Barrique fiel mir zunächst
der erstaunlich breite Wasserrand auf. Sonst erschien die eigentliche
Färbung sehr klassisch pinot'ig. Die Fönung könnte ein wenig
überdurchschnittlich fahl gewesen sein. Die Nase zeigte die ersten
zwei Stunden sehr feine Erdbeerfrucht, etwas Zündholz, ein paar
Anzeichen von seiner ländlicher Herkunft, im Sinne von Tier-
Heugerüchen, und eine Duftkomponente die ich gerne mit Hühnersuppe
verbinde. Natürlich ist besonders der letzte Eindruck auf andere
Verkoster schwer zu tragen bzw. zu vermitteln. Mir fällt nur nichts
besseres ein. Eine recht präsente Holzprägung die ersten Stunden
war wesentlich offensichtlicher. Doch schon nach ca. zwei Stunden,
und natürlich noch klarer am zweiten Tag, zeigten sich die
Fruchtnoten wesentlich ausgereifter und die Tierwelt, wie auch das
Holz, traten in den Hintergrund. Eine ähnliche Entwicklung zeigte
sich auch am Gaumen. Auch hier war insbesondere die Holznote, trotz
ihrer Präsenz eine sehr feine Holznote, sehr im Vordergrund und
machte dem eher fein wirkenden Wein ein wenig zu schaffen.
Glücklicherweise ging die Entwicklung in die Richtung in die sie
auch bei der Nase ging. Nach gut zwei Stunden und mehr zeigte sich
ein sehr frischer, delikat fruchtbetonter Pinot Noir (Erdbeeren,
etwas Cassis und Spuren von Limetten) mit festem Zug und leichtem
Körper, welcher nun von einer milden Holzprägung positiv
unterstützt wurde. Für mich ein sehr gelungener Pinot Noir. Hätte
er ein wenig mehr mineralische Tiefe und Komplexität gehabt, wäre
er für mich ohne Probleme ein sehr anständiger ****** Wein. So bin
ich ein wenig am schwanken was meine allgemeine, und stets zur
Dümmlichkeit neigende, Bewertung betrifft. Seine wirklich wunderbar
leichtfüßige, angenehme Fruchtigkeit konnte mich schon ein wenig
sehr begeistern. Ich schätze anständiger, sehr anständiger Wein ist das
passende Urteil ;-).
Wie
gewohnt kommt mein letzter Wein aus dem Tessin. Dieses mal sollte es
ein Wein von Christian Zündel sein. Seit den 1980er Jahren widmet
sich der eigentliche Geologe dem Weinbau und konnte damit über die
Jahre sehr viel Aufmerksamkeit erregen. Heute kultiviert er auf ca.
vier Hektaren bei Beride Merlot, Chardonnay und Cabernet Sauvignon
nach biodynamischen Richtlinien. Mein heutiger Zündel, der Orizzonte
aus dem schwierigen Jahr 2008, ist ein Cuvée aus Merlot und Cabernet
Sauvignon. Die Trauben sind auf Granit, Gneis, Sand und auch
Lehmböden gewachsen. Ausgebaut wurde der Wein in gebrauchten Pièces
aus dem Burgund. Was die eigentliche Verkostung betrifft sollte ich
voranstellen, dass ich nur zweimal zuvor von Horizont-Weine aus
anderen Jahrgängen kosten konnte. Im Vergleich zu diesen
präsentierte sich der 2008er in einem ziemlich anderen, sehr
leichten und ein wenig unkommunikativen Zustand. Dies machte den Wein
wesentlich schwerer fassbar für mich. Während der Verkostung
tendierte ich wahrscheinlich dazu, den vorliegenden 2008er mit den
Weinen aus besseren Jahrgängen zu vergleichen. Da hatte es dieser
wegen seiner noch delikaten Stilistik, als sonst bei Zündel üblich,
ein wenig schwerer.
Die
Farbe des Orizzonte 2008 war nicht weiter sonderlich auffällig.
Recht dunkel, vielleicht minimal ins Rot-Braune gehend und gute
Transparenz. Bei der Nase dominierte zunächst der Cabernet Sauvignon
Anteil. Viel grüner sehr würziger Pfeffer, deutlich präsenter
dominikanischer Tabak und reichlich schwarze Johannisbeeren. Nach ca.
vier Stunden und darüber hinaus entwickelte sich mehr Kraft und
Ausdruck. Nun zeigten sich auch die etwas „dicker“ wirkenden
Merlot Attribute ab und an. Am Gaumen kam es zu einem ähnlichen
Entwicklungsablauf was die Aromen betrifft. Hier erschienen die
Aromen von Beginn an etwas kräftiger und ausdrucksstärker. Neben
dem grünen Pfeffer zeigte sich viel mehr junger (etwas grüner)
Tabak, viel verhaltener Teer, Impressionen von Mullbinden und sogar
ein klein wenig Torf. Doch alle Aromen waren von Leichtigkeit und
schüchterner Strenge geprägt. Die schüchterne Strenge,
wahrscheinlich etwas missverständlich, machte für mich den
eigentlichen Unterschied zu anderen Jahrgängen aus. Auch diese Weine
waren eher von leichter Struktur, doch nicht so schüchtern und von
grüner Aromatik geprägt wie es der 2008 tat. Ob der Wein im Moment
zu jung ist kann ich beim besten Willen nicht sagen. Zumindest hat er
nicht so gewirkt. Das Tannin und Säure erschienen gut integriert und
eher unauffällig. Doch, natürlich es kann gut sein, dass er zu jung
verkostet wurde. Wäre bei meinen Schweizer Allerlei Verkostungen ja
nichts neues. Mit einer Bewertung tue ich mir sehr schwer. Die
sehr anständige***** Qualität war ganz sicher spürbar. Beim Potential bin ich mir nicht
sicher. Ich denke ein guter Wein, den ich nochmals nach verkosten
sollte. Eine gewisse Faszination wie bei vorherigen Horizonten hat
sich bei mir leider nicht eingestellt.
So!
Jetzt habe ich ganze drei Teile Schweizer Allerlei hinter mich
gebracht und genug habe ich immer noch nicht! Bis jetzt haben mir
alle verkosteten Weine mehr oder weniger gut gefallen. Das kommt bei
15 tendenziell wahllos ausgesuchten Weine bei mir eher selten vor.
Das erstaunt mich ein wenig. Insbesondere weil viele Chasselas und
Rosé dabei waren. Solche Weine gehören eigentlich nicht
zu meinen präferierten Trinkopfern.
Da
ich unersättlicher Kerl anscheinend immer noch nicht genug habe,
könnte es sein, dass auch im Februar eine kleine Verkostung ansteht.
Da könnte es möglicherweise an die weiter westlich gelegenen
Gestade des Genfersee gehen. Ein weiterer Besuch im Dézaley ist
ebenfalls im bereich des Möglichen. Das bis jetzt ein wenig
vernachlässigte Graubünden könnte vielleicht auch ein möglicher
Ort der Begierde werden. Und falls es wirklich zu einem Schweizer
Allerlei Teil Vier kommen sollte, darf als Abschluss das Tessin
natürlich nicht fehlen ….
4 comments:
Unbedingt auch mal einen Culdree von Enrico Trapletti probieren. Der 2011er ist ebenfalls ein superschöner Wein!
LG
Philipp
Mach ich :-)
und eben... Gib Bescheid, wenn mal in der Gegend sein solltest! ;-)
Gleiches gilt für dich natürlich ebenfalls ;-). Gruss und Schönen Sonntag
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