Endlich mal wieder ein italienisch
sprechender Pinot! Heute zur Abwechslung einen mit ziemlich ausgeprägtem französischen Akzent!
Wie wir alle wissen ist Pinot Noir definitiv keine weit verbreitete Rebsorte im Piemont.
Das ist letztlich auch ganz gut so! Genügend wunderbare
Weine aus einer anderen königlichen Rebsorte gibt es südlich von Turin reichlich. Doch wie wir alle
wissen: Konkurrenz belebt (zumindest manchmals) das „Geschäft“! Das zeigt sich auch heute! Ab und zu trifft man den einen oder anderen piemontesischen Pinot Noir,
welcher durch bestechende Qualität und ein gehöriges Maß an
charakterstarker Eigenständigkeit überzeugen kann!
Aber zunächst einmal: Wo kommt
der heutige Poderi Colla Campo Romano Pinot Nero 2005 eigentlich genau
her? Die Parzelle Campo Romano, abgeleitet von einer einstmals
Römischen Siedlung auf besagtem Hügel, ist Teil des Cascine Drago
in der Nähe der Ortschaft San Rocco in Seno d'Elvio südöstlich von
Alba in der „Pufferzone“ zwischen den "royalen" Anbaugebieten von
Barolo und Barbaresco. Die Bodenbeschaffenheit in der Campo Romano
Parzelle ist mit der berühmten Nachbarschaft durchaus vergleichbar.
Auch hier wachsen die nach Westen ausgerichteten Reben in ca. 330 m Höhe auf karge und sehr kalkhaltige Böden. Im Jahr
1977 entschied sich die Familie Colla für ein Experiment und
bepflanzten ca. 3 ha am Bricco del Drago mit burgundischen Pinot Noir
Klonen. Seit dem werden aus den Trauben dieser Parzelle ein Stillwein und im geringeren Maße ein Spumante Extra Brut
hergestellt. Die Trauben für unseren Pinot Nero wurden nach
der Ernte komplett entrappt und bei ca. 30° C für 8 bis 10 Tage
in Eichenbottichen vergoren. Der darauf folgende Ausbau erfolgte in bis zu 20% neuen
französichen Barriques für ungefähr ein Jahr. Aber jetzt genug der
gewohnt sehr trockenen Vorrede! Lasst uns den Gaumen befeuchten! Auf an die Gläser ...
Farblich präsentierte sich der Campo
Romano 2005 so Taubenblut rubinfarben wie es eigentlich nur geht! Im Kern
sehr strahlend und farbintensiv mit einem Höchstmaß Transparenz und Klarheit. Nur am Rand
verriet er durch leicht ziegelfarbene Tönung sein
fortgeschrittenes Alter. Seine Nase war von Beginn an beeindruckend
ausdrucksstark. Ein Pinot der keine Sekunde daran denkt seine von wohl gereiften würzig-erdigen Noten geprägte duftige Persönlichkeit verstecken zu wollen.
Neben immer noch erstaunlich saftig wirkenden Schwarzkirschen zeigte
der Piemontese viel braune Erde, herbstlicher Laubwald, getrocknete
Morcheln, etwas zu kräftig gerösteter Kaffee, Jod, ein paar
getrocknete Rosenblätter, vielleicht auch eine Spur Salbei und
ein weiter kaum zu erwähnender Hauch von Altholz. Darüber
hinaus zeigte sich eine in den Vordergrund spielende duftige Nuance
die mich an Moschus erinnerte. Eine eher animalische Assoziation die sonst eher
bei toskanischen Pinot Noir des öfteren errieche. Am Gaumen zeigte der Campo Romano
wohl dosierte Kraft gepaart mit sehr ans Burgund erinnernde Finesse. Ich muss zugeben, ich durchlebte beim Verkosten des Campo Romano gewisse assoziative Gefühlswelten, die ich sonst nur von Pinot Noirs aus Morey-St.-Denis kenne. Auch hier viel
Schwarzkirsche, dazu etwas Cassis und ein Potpourri erdigen-würzigen
Aromen wie getrocknete Morcheln, Laub, staubigen und nicht ganz so
stark gerösteter Kaffee (interessanter Weise ein Attribut, dass man momentan auch bei nicht wenigen 2005er Pinot Noirs aus dem Burgund findet),
welke Rosenblätter, schwarze Brotkruste, kaum Alt-Eiche und ein beginnender ganz verhaltener
Liebstöckl-Ton. Strukturell sehr frankophil feingliedrig, immer
noch mit griffigem Tannin ausgestattet und von einer straffen, sehr
lebendigen Säure geprägt! Die Länge des Abgangs und Dichte des Campo Romano zeigten sich
überzeugend! Aufgrund des französischen Einschlags durchaus mit einem guten Bourgogne Rouge
oder einem leichtem Morey Village vergleichbar. Insgesamt ein
in Würde gealteter, erstaunlich berührender und mit vitaler (Rest)jugendlichkeit ausgestatteter charakterstarker Wein der blindverkostet für so manche Überraschung sorgen dürfte! Ein wirklich anständiger**** bis sogar sehr anständiger***** Pinot Noir aus dem Piemont!
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