Nicht mein erster Pinot Noir aus
Israel, doch mein erster Pinot Noir aus einem Kibbutz! Und mein
erster Wein aus den Jerusalem Hills überhaupt! Diese
Selbstauskunft mag dem Leser gleich einmal vermitteln, dass ich
offensichtlich über recht wenig verlässliche Pinot Erfahrung aus diesem Teil
der Weinwelt verfüge. Immerhin ist mein heutiger Fringe Pinot Noir
2009 der Avidan Winery schon mein vierter israelischer Pinot. Leider
erst der zweite, der an dieser Stelle im Onlinekosmos Erwähnung
findet. Die beiden anderen wurde es wegen fotoloser Dämlichkeit
meinerseits verwehrt hier erwähnt zu werden. Nun aber genug der
über-kokettierenden Selbstanklage!
Mein heutiger Wein stammt, wie schon erwähnt, aus
einem Kibbutz. Genauer formuliert aus der Hand von Shlomo und Tzina Avidan im Kibbutz Eyal östlich von Netanya in zentralen Sharon Region. Das eigentlich Traubengut für den Fringe Pinot Noir stammt aus
den etwas südlicher gelegenen Jerusalem Hills. Seit dem Jahr 2000
produzieren Shlomo Avidan, einst unter anderem auch Weinmacher bei
Israels berühmtesten Weingut Margalit, und seine Ehefrau Tzina ihren
eigenen Wein. Die ersten vier Jahre in den eher beschränkten
Verhältnissen einer Garage und seit 2004 innerhalb des Kibbutz Eyal
mit einer etwas größeren Produktionsmenge von 20000 bis 30000
Flaschen Wein pro Jahr. Die Aushängeschilder des Weinguts sind
zweifellos ihre roten Cuvées und insbesondere ihr Shiraz Reserve.
Mein Pinot Noir von Avidan wird erst sein 2008 in nur sehr kleinen
Mengen auf die Flasche gebracht und erfreut sich noch nicht der Berühmtheit wie
seine roten Brüder und Schwestern. Mal schau' wie er sich geschlagen hat ...
Die Farbe die sich in meinem Glas
zeigte dürfte man am besten als tiefdunkle Transparenz mit klaren
rotbräunlichen Verfärbungen in den Randregionen beschreiben. Die Nase
erschien mir in den ersten Stunden etwas stark parfümiert.
Brombeeren, weitere dunkle und reife - nicht getrocknete - Früchte,
Wildkräuter, Karamell und nicht sehr stark ausgeprägte an
amerikanisches Holz (wurde aber in französischem Barriques vergoren
und ausgebaut) erinnernden Düfte stiegen in meine Nase. Einige
Stunden später und vor allem am zweiten Tag zeigten sich meist
erdige Dürfte von leicht feuchtem Unterholz, getrockneten Pilzen,
schwarzem Pfeffer, etwas Grafit, einem fortwährenden Hauch Karamell
und sogar etwas Nougat. Die Frucht blieb auch am zweiten Tag präsent
und eher ungewöhnlich dunkel, doch sie präsentierte sich etwas
integrativer prononciert. Am Gaumen zeigte der Avidan Pinot zunächst ebenfalls
für einen Pinot Noir eher untypische Züge. Nur eine ziemlich elegant
anmutende und erstaunlich leichtfüßige Struktur, erstaunlich in
Anbetracht woher das Traubengut stammt, wiesen auf die Rebsorte hin. Aufgrund des präsenten und etwas zederhaften Holzes hätte
es aber durchaus auch ein eher leichter und junger Rioja sein können.
Auch hier zeigte sich die Frucht am ersten Tag recht dunkel, etwas
vom Karamell und Nougat geküsst, aber dennoch überwiegend kühl und
schlank. Am zweiten Tag zeigten sich mehr herkömmliche Eigenschaften der Rebsorte. Neben den bei der Nasenbeschreibung schon erwähnten Aromen von
Pilzen und Unterholz zeigten sich Geschmäcker welche an frische
Pflaumen, etwas Cassis und einer ganzen Menge an eher
zentraleuropäische Wildkräuter erinnerten. Sehr gefreut hat mich,
dass dieser Pinot Noir keine Anzeichen von übermäßigem Alkohol
oder überreifem rosinenhaftem Lesegut zeigte. Auf seine spezielle
südländische Art, bzw. in Anbetracht seiner heißen Herkunft, war
dieser Pinot Noir erstaunlich harmonisch und am zweiten Tag ziemlich rebsortentypisch! Seine Länge und sein
Spiel an Komplexität zeigte sich nach einer gewissen Belüftungsphase
als ziemlich beeindruckend. Was Bewertung betrifft schwanke ich
zwischen einem sehr beachtlichem anständig **** und einem gerade noch sehr anständig *****. Na
was solls, der Überraschungseffekt soll heute mal belohnt werden: gerade noch
sehr anständig *****. Ein kleiner Tipp: in der Flasche dürfte sich
die halbe Wüste Negev an Depot befinden. Also lieber aufpassen! לְחַיִּים
!
Am gleichen Abend ergaben sich noch
andere Weine in meinem Glas. Eine durchaus wilde Mischung an Weinen
aus der Wachau, aus Rheinhessen, der Côte de Beaune, der Côte-Rôtie,
dem Châteauneuf-du-Pape und dem Beiras in Portugal.
Vom Loibenberg Federspiel Riesling 2006
vom Weingut Emmerich Knoll in der Wachau erwartete ich aufgrund von
Jahrgang und Alter nicht mehr sonderlich viel. Doch fehlanzeige. Er präsentierte sich zwar als etwas
opulent, sowie eine Spur firnig, doch seine leichtere Struktur und seine Lebenskraft reichte komplett aus. Die etwas
zurückhaltende fruchtige Prägung war nicht zu fett und ausladend
wie es bei manchem Smaragd aus dem gleichen Hause sich von zeit zu zeit anschicken mag.
Dieser anständige **** Federspiel hat mir wegen seiner sehr
verhaltenen-prahlerischen exotisch-marillen-fruchtigen Neigung,
seiner schüchternen ausbalancierten Würze und wegen seiner durchaus
noch vorhandenen Säure wirklich ganz gut gefallen.
Aus Rheinhessen kam es zu einer
Begegnung mit dem Kirchspiel Riesling 2007 vom Weingut Keller. Meiner
Ansicht nach, und nicht nur meiner, befand sich dieser Wein im Moment (oder generell, dazu
fehlt mir die breite Erfahrung mit Kellers Weinen) in einer nicht gerade vorteilhaften Phase.
Leider wirkte er auf mich recht plump, breit, säurearm, etwas
orangen-ölig fruchtig und, was sehr ungewöhnlich für Keller-Weine war, seltsam
spannungsarm. Wahrscheinlich muss sich dieser Riesling in den nächsten Jahren noch finden. Ich hoffe es zumindest das er sich findet. In diesem Zustand fand ich den Wein nur so la-la ***.
Für mich wesentlich enttäuschender
präsentierte sich der Corton-Charlemagne 2009 der Domaine Rapet.
Natürlich recht jung geöffnet. Keine Frage! Doch dies dürfte nur im begrenzten
Maße seine breite, vanillig-vanillinig-süßholzige, recht
spannungsarme, etwas alkoholische und über-exotisch-butterscotch'ige
Art erklären. Natürlich ist 2009, eben 2009, doch so etwas in der
Form hab ich als einen Corton-Charlemagne noch nie im Glase gehabt.
Zwar kein schlechter Wein. Er hatte genügend Kraft und durchaus
Komplexität, doch er erschien mir, und den anderen Verkostern am
Tisch, sehr verwaschen und vom Holz quasi "weich-geklopft". In einer
Blindverkostung hätte ich diesen Chardonnay ganz sicher in Richtung teuren
Sonoma Vertreter verortet. Trotz mehrheitlicher Enttäuschung immer
noch ein anständiger **** Wein, von welchemman eindeutig mehr hätte erwarten dürfte.
Über den Côte-Rôtie Côte-Brune 1996
von der Domaine Jamet möchte ich nicht viele schnöde Worte auf den Bildschirm werfen. Ich nehme an, dass zuviel Palaver mir den eigentlichen Weingenuss ab und an zerstören kann. Deshalb halte ich mich bei diesem großartigen Wein gerne zurück. Pure Größe an spielerischer Eleganz, feiner Dichte,
präziser Länge, eisenhaltiger-kaffelastig-olivig-würziger Kühle
und bodenlosem Tiefgang mögen meinen Eindruck am besten beschreiben. Eine begeisternde Qualität wie es meiner Meinung nach nur wenige Syrah
zu Glase hinbekommen. Sicherlich ein absolut fantastischer ******
Côte-Rôtie.
Der Châteauneuf-du-Pape Cuvée
Reservée 2000 der Domaine du Pegau zeigte sich wundervoll
stinkig-schweinestallig bäuerlich, hatte ein äußerst komplexes
Bild von unterschiedlichen erdig-tabakig-ledrig-tierischen Aromen und
erwies sich als überaus blutjung. Ein Wein mit dem man sich richtig
auseinandersetzen konnte, weil er bei jedem Nippen eine erstaunliche
Wandlung zeigte. Als sehr schön empfand ich auch seine sehr
verhaltenen Alkoholwerte, welche keinesfalls im Vordergrund
schmeckbar waren, und seine eher zurückhaltende, keinesfalls
marmeladige, dunkle Kirschfrucht. Für mich ein ganz klar sehr anständiger ***** und empfehlenswerter Châteauneuf-du-Pape.
Der letzte Wein zeigte ebenfalls
gewissen Anspruch zur Auseinandersetzung hinsichtlich seiner
Komplexität und seiner etwas ungewöhnlich störrisch herb-würzigen Art. Der
Vinha Barrosa 2001 von Luis Pato aus 100% Baga begeisterte mich
aufgrund seiner enorm erdigen, sehr herben (bis fast schon ein wenig
bitter wirkenden) garrigue-würzigen, trockenfleisch'igen, sehr straffen,
durchaus kühlen, nicht zu säuerlichen (durchaus wichtig bei dieser
Rebsorte), stoffigen und sehr ernsthaften Art. Zwar zu einem gewissen
Grad ein harter, und etwas bissiger, Hund der sich sicherlich nicht jedem
Gaumen kuschelt, doch für mich stand seine Qualität außer zweifel.
Ganz sicher ein durchweg sehr anständiger ***** Wein aus einer etwas
zickigen Rebsorte.
No comments:
Post a Comment