12.9.14

Avidan Winery Fringe Pinot Noir 2009, Jerusalem Hills



Nicht mein erster Pinot Noir aus Israel, doch mein erster Pinot Noir aus einem Kibbutz! Und mein erster Wein aus den Jerusalem Hills überhaupt! Diese Selbstauskunft mag dem Leser gleich einmal vermitteln, dass ich offensichtlich über recht wenig verlässliche Pinot Erfahrung aus diesem Teil der Weinwelt verfüge. Immerhin ist mein heutiger Fringe Pinot Noir 2009 der Avidan Winery schon mein vierter israelischer Pinot. Leider erst der zweite, der an dieser Stelle im Onlinekosmos Erwähnung findet. Die beiden anderen wurde es wegen fotoloser Dämlichkeit meinerseits verwehrt hier erwähnt zu werden. Nun aber genug der über-kokettierenden Selbstanklage! 

Mein heutiger Wein stammt, wie schon erwähnt, aus einem Kibbutz. Genauer formuliert aus der Hand von Shlomo und Tzina Avidan im Kibbutz Eyal östlich von Netanya in zentralen Sharon Region. Das eigentlich Traubengut für den Fringe Pinot Noir stammt aus den etwas südlicher gelegenen Jerusalem Hills. Seit dem Jahr 2000 produzieren Shlomo Avidan, einst unter anderem auch Weinmacher bei Israels berühmtesten Weingut Margalit, und seine Ehefrau Tzina ihren eigenen Wein. Die ersten vier Jahre in den eher beschränkten Verhältnissen einer Garage und seit 2004 innerhalb des Kibbutz Eyal mit einer etwas größeren Produktionsmenge von 20000 bis 30000 Flaschen Wein pro Jahr. Die Aushängeschilder des Weinguts sind zweifellos ihre roten Cuvées und insbesondere ihr Shiraz Reserve. Mein Pinot Noir von Avidan wird erst sein 2008 in nur sehr kleinen Mengen auf die Flasche gebracht und erfreut sich noch nicht der Berühmtheit wie seine roten Brüder und Schwestern. Mal schau' wie er sich geschlagen hat ...




Die Farbe die sich in meinem Glas zeigte dürfte man am besten als tiefdunkle Transparenz mit klaren rotbräunlichen Verfärbungen in den Randregionen beschreiben. Die Nase erschien mir in den ersten Stunden etwas stark parfümiert. Brombeeren, weitere dunkle und reife - nicht getrocknete - Früchte, Wildkräuter, Karamell und nicht sehr stark ausgeprägte an amerikanisches Holz (wurde aber in französischem Barriques vergoren und ausgebaut) erinnernden Düfte stiegen in meine Nase. Einige Stunden später und vor allem am zweiten Tag zeigten sich meist erdige Dürfte von leicht feuchtem Unterholz, getrockneten Pilzen, schwarzem Pfeffer, etwas Grafit, einem fortwährenden Hauch Karamell und sogar etwas Nougat. Die Frucht blieb auch am zweiten Tag präsent und eher ungewöhnlich dunkel, doch sie präsentierte sich etwas integrativer prononciert. Am Gaumen zeigte der Avidan Pinot zunächst ebenfalls für einen Pinot Noir eher untypische Züge. Nur eine ziemlich elegant anmutende und erstaunlich leichtfüßige Struktur, erstaunlich in Anbetracht woher das Traubengut stammt,  wiesen auf die Rebsorte hin. Aufgrund des präsenten und etwas zederhaften Holzes hätte es aber durchaus auch ein eher leichter und junger Rioja sein können. Auch hier zeigte sich die Frucht am ersten Tag recht dunkel, etwas vom Karamell und Nougat geküsst, aber dennoch überwiegend kühl und schlank. Am zweiten Tag zeigten sich mehr herkömmliche Eigenschaften der Rebsorte. Neben den bei der Nasenbeschreibung schon erwähnten Aromen von Pilzen und Unterholz zeigten sich Geschmäcker welche an frische Pflaumen, etwas Cassis und einer ganzen Menge an eher zentraleuropäische Wildkräuter erinnerten. Sehr gefreut hat mich, dass dieser Pinot Noir keine Anzeichen von übermäßigem Alkohol oder überreifem rosinenhaftem Lesegut zeigte. Auf seine spezielle südländische Art, bzw. in Anbetracht seiner heißen Herkunft, war dieser Pinot Noir erstaunlich harmonisch und am zweiten Tag ziemlich rebsortentypisch! Seine Länge und sein Spiel an Komplexität zeigte sich nach einer gewissen Belüftungsphase als ziemlich beeindruckend. Was Bewertung betrifft schwanke ich zwischen einem sehr beachtlichem anständig **** und einem gerade noch sehr anständig *****. Na was solls, der Überraschungseffekt soll heute mal belohnt werden: gerade noch sehr anständig *****. Ein kleiner Tipp: in der Flasche dürfte sich die halbe Wüste Negev an Depot befinden. Also lieber aufpassen! לְחַיִּים !


Am gleichen Abend ergaben sich noch andere Weine in meinem Glas. Eine durchaus wilde Mischung an Weinen aus der Wachau, aus Rheinhessen, der Côte de Beaune, der Côte-Rôtie, dem Châteauneuf-du-Pape und dem Beiras in Portugal.

Vom Loibenberg Federspiel Riesling 2006 vom Weingut Emmerich Knoll in der Wachau erwartete ich aufgrund von Jahrgang und Alter nicht mehr sonderlich viel. Doch fehlanzeige. Er präsentierte sich zwar als etwas opulent, sowie eine Spur firnig, doch seine leichtere Struktur und seine Lebenskraft reichte komplett aus. Die etwas zurückhaltende fruchtige Prägung war nicht zu fett und ausladend wie es bei manchem Smaragd aus dem gleichen Hause sich von zeit zu zeit anschicken mag. Dieser anständige **** Federspiel hat mir wegen seiner sehr verhaltenen-prahlerischen exotisch-marillen-fruchtigen Neigung, seiner schüchternen ausbalancierten Würze und wegen seiner durchaus noch vorhandenen Säure wirklich ganz gut gefallen.

Aus Rheinhessen kam es zu einer Begegnung mit dem Kirchspiel Riesling 2007 vom Weingut Keller. Meiner Ansicht nach, und nicht nur meiner, befand sich dieser Wein im Moment (oder generell, dazu fehlt mir die breite Erfahrung mit Kellers Weinen) in einer nicht gerade vorteilhaften Phase. Leider wirkte er auf mich recht plump, breit, säurearm, etwas orangen-ölig fruchtig und, was sehr ungewöhnlich für Keller-Weine war, seltsam spannungsarm. Wahrscheinlich muss sich dieser Riesling in den nächsten Jahren noch finden. Ich hoffe es zumindest das er sich findet. In diesem Zustand fand ich den Wein nur  so la-la ***.

Für mich wesentlich enttäuschender präsentierte sich der Corton-Charlemagne 2009 der Domaine Rapet. Natürlich recht jung geöffnet. Keine Frage! Doch dies dürfte nur im begrenzten Maße seine breite, vanillig-vanillinig-süßholzige, recht spannungsarme, etwas alkoholische und über-exotisch-butterscotch'ige Art erklären. Natürlich ist 2009, eben 2009, doch so etwas in der Form hab ich als einen Corton-Charlemagne noch nie im Glase gehabt. Zwar kein schlechter Wein. Er hatte genügend Kraft und durchaus Komplexität, doch er erschien mir, und den anderen Verkostern am Tisch, sehr verwaschen und vom Holz quasi "weich-geklopft". In einer Blindverkostung hätte ich diesen Chardonnay ganz sicher in Richtung teuren Sonoma Vertreter verortet. Trotz mehrheitlicher Enttäuschung immer noch ein anständiger **** Wein, von welchemman eindeutig mehr hätte erwarten dürfte.

Über den Côte-Rôtie Côte-Brune 1996 von der Domaine Jamet möchte ich nicht viele schnöde Worte auf den Bildschirm werfen. Ich nehme an, dass zuviel Palaver mir den eigentlichen Weingenuss ab und an zerstören kann. Deshalb halte ich mich bei diesem großartigen Wein gerne zurück. Pure Größe an spielerischer Eleganz, feiner Dichte, präziser Länge, eisenhaltiger-kaffelastig-olivig-würziger Kühle und bodenlosem Tiefgang mögen meinen Eindruck am besten beschreiben. Eine begeisternde Qualität wie es meiner Meinung nach nur wenige Syrah zu Glase hinbekommen. Sicherlich ein absolut fantastischer ****** Côte-Rôtie.

Der Châteauneuf-du-Pape Cuvée Reservée 2000 der Domaine du Pegau zeigte sich wundervoll stinkig-schweinestallig bäuerlich, hatte ein äußerst komplexes Bild von unterschiedlichen erdig-tabakig-ledrig-tierischen Aromen und erwies sich als überaus blutjung. Ein Wein mit dem man sich richtig auseinandersetzen konnte, weil er bei jedem Nippen eine erstaunliche Wandlung zeigte. Als sehr schön empfand ich auch seine sehr verhaltenen Alkoholwerte, welche keinesfalls im Vordergrund schmeckbar waren, und seine eher zurückhaltende, keinesfalls marmeladige, dunkle Kirschfrucht. Für mich ein ganz klar sehr anständiger ***** und empfehlenswerter Châteauneuf-du-Pape.

Der letzte Wein zeigte ebenfalls gewissen Anspruch zur Auseinandersetzung hinsichtlich seiner Komplexität und seiner etwas ungewöhnlich störrisch herb-würzigen Art. Der Vinha Barrosa 2001 von Luis Pato aus 100% Baga begeisterte mich aufgrund seiner enorm erdigen, sehr herben (bis fast schon ein wenig bitter wirkenden) garrigue-würzigen, trockenfleisch'igen, sehr straffen, durchaus kühlen, nicht zu säuerlichen (durchaus wichtig bei dieser Rebsorte), stoffigen und sehr ernsthaften Art. Zwar zu einem gewissen Grad ein harter, und etwas bissiger, Hund der sich sicherlich nicht jedem Gaumen kuschelt, doch für mich stand seine Qualität außer zweifel. Ganz sicher ein durchweg sehr anständiger ***** Wein aus einer etwas zickigen Rebsorte.

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