Weil es in Ungarns Pinotwelt so schön
war schlage ich vor: Auf zu einem weiteren Mal nach Ungarn – doch diesesmal nach
Eger zu Tibor Gál! Nach Attila Gere muss fast zwangsläufig ein
Tibor Gál Wein folgen. Genau wie Gere war auch Gál einer der
Pioniere des, und Garanten für, hohe Qualität im „neuen“
ungarischen Weinbau. Nach seinem unglücklichen Tod im Jahr 2005
führte seine gesamte Familie das Weingut mit internationalem Erfolg
weiter. Mittlerweile ist das Weingut über 50 Hektar groß und bietet
in etwa zwanzig verschiedene Weine an. Insbesondere spielen die Pinot
Noirs aus den kleinen Einzellagen, natürlich neben den klassischen
Bikavér Verschnitten, eine sehr wichtige Rolle im Sortiment des
Weinguts. Letztlich war es Tibor Gál selbst der dieser Rebsorte den
maßgeblichen Qualitätsschub in Ungarn zukommen ließ. Aus solch
einer Einzellage stammt auch dem Weingut sein bekanntester Pinot Noir
namens Sikhegy. Sikhegy ist eine nach Süd-Südosten ausgerichtete
nicht all zu steile Lage mit Böden reich an Lehm und braunem
Waldboden.
Aufgrund eines seltsamen
Auswahlprozesses kam es dazu, dass ich ergänzend zu dem Sikhegy noch
eine kleine Flasche vom Arachon Cuvée aus dem Jahr 2006 mir
einverleibte. Soviel kann ich verraten. Eine interessante und sich
in gewisser Weise ergänzende Kombination ...
Die Farbe des Sikhegy Pinot Noir 2009
war überaus klar, transparent und durchaus satt bis direkt an den
Rand heran. Dunkles Rubinrot dürfte die korrekte Umschreibung seiner
Tönung sein. Alles in allem sehr jugendlich und frisch wirkend. Die
Nase war in den ersten zwei Stunden sehr zurückgezogen, zeigte
einige Indizien von diffuser zur Marmelade neigender Frucht. Im weiteren
Verlauf der nicht weitreichenden Stunden änderte sich nicht sehr
viel am Bukett. Zumindest nicht hinsichtlich der Aufzeigung typischer nasale Pinot
Noir Eigenschaften. Nach ca. drei Stunden kamen
vermehrt braun wirkende und reife Frucht, Erdigkeit und etwas
Milchschokolade auf. Auch einige Stunden später zeigte sich die braune
Frucht ein wenig diffus und nicht klar erriechbar, doch nun zeigten sich einge Düfte die sich von den bisherigen Naseneindrücken stark unterschieden. Insbesondere strenges und etwas brutal wirkendes Herrenparfüm zeigten die Entwicklung in eine andere Richtung auf. Es war ein etwas
tierisch und recht „natürlich“ wirkendes Parfüm, dass im Gesamtbild nicht abstoßend wirkte. Dazu zeigten sich verstärkende
erdige mineralische Züge. Insgesamt eine sehr schüchterne und
jugendlich wirkende Nase der ich ihr prospektives Potential keinesfalls absprechen
möchte. Ähnlich verhielt sich seine Performanz am Gaumen. Zunächst
von Aromenseite her sehr zurückhaltend. Dazu recht strenges, etwas grün
wirkendes und nicht unpassendes Tannin, sowie eine ziemlich stramme
Säure. Die Frucht erschien mir sehr zurückhaltend und nicht
wirklich gewollt irgend etwas von sich zu verraten zu wollen. Auch am Gaumen
zeigte sich viel Erdigkeit und darüber hinaus ausgeprägte Aromen
von getrockneten Pilzen und relativ schmeckbaren Holzeinfluss –
wiederum ein nicht so unpassender, bezogen auf das Gesamtbild. Weiter
wirkte der Pinot am Gaumen die ersten Stunden sehr robust, ernst, keineswegs kitschig,
jugendlich und vielversprechend (für die nächsten Jahre, nicht im
Moment). Weitere Stunden später zeigte sich eine ähnlich
Entwicklung wie im Falle der Nase: Schokolade, Erde, eher diffuse Frucht –
später immer stärker werdende mineralische Züge etc.
Alles in allem ein für die Zukunft
vielversprechender Wein den man in den nächsten zwei Jahren am
besten nicht anfassen sollten. Potentiell ohne Probleme ein
anständiger **** Pinot Noir (vielleicht auch mehr). Wenn man es
etwas grob mag auch jetzt schon durchaus anständig nur eben ein klein wenig zickig und schüchtern zugleich.
Wie ich einige Absätze vorher schon
angeschnitten habe verkostete ich neben dem Sikhegy auch einen Arachon T.FX.T. Evolution aus dem
Jahr 2006. Warum der? Nun ja, wie man schon anhand der
obigen Zeilen vermuten könnte hat sich die Verkostung des Ungarn
über viele Stunden (wenn nicht Tage) hinweggezogen. Da brauchte ich
etwas, dass die Stunden verkürzte. Da aus irgend einem Grund der
Arachon direkt neben dem Sikhegy im Regal lag, vielleicht altbackene K und K Assoziationen, musste der einfach dran
glauben. Diese Auswahlpraxis sollte ich öfters mal anwenden. Dieses
Mal hat sie wirklich gut funktioniert da sich die Weine fast wie passende Antipoden verhielten. Nun ja, zugegeben eine spezielle Art und Weise von Passgenauigkeit ...
Seine Farbe wirkte
überraschend hell, satt, etwas trüb, relativ warm und durchgehend vital. Die
Nase war sehr zugänglich, weich - fast schon anbiedernd
schmeichlerisch und angereichert mit saftiger Beerenfrucht. Die
Darsteller Zweigelt und Merlot in diesem Cuvée gaben in der Tat den
nasalen Ton an. Auch am Gaumen wirkte der Wein ebenfalls sehr weich und auf
positiver Weise sehr gefällig. Dunkle Beerenaromen, reife Pflaumen,
cremige Schokolade, Kaffeepulver, präsentes warmes Holz und nicht
all zu viel Extrakt machten den Job ganz gut. Glücklicherweise war Frische auch bei diesem 2006er gegeben. Tiefgreifende
mineralischen Prägungen kamen mir wahrscheinlich bei diesem sehr modern wirkenden Wein ein wenig zu kurz.
Das Tannin wirkte noch ein klein wenig staubig, doch der
Zugänglichkeit schadete das nicht. Sonst wäre mir der Wein wohl ein
wenig zu gefällig und Merlot'ig-Zweigelt'isch gewesen. Nebenbei erwähnt, gingen die Anteile an Blaufränkisch und Cabernet Sauvignon für mich bei dieser Verkostung glatt unter. Der Arachon
ist war ohne Zweifel ein anständiges **** und sehr umgänglich
ungezwungenes Cuvée.
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