3.8.13

Grifalco Aglianico del Vulture 2007, Basilicata





Es ist immer noch heiß! Wenn es heiß ist läuft mein Hirn gerne auf Sparflamme und ich fälle seltsame Entscheidungen. Daher hat es sich wohl ergeben, dass ich mich letztens in ein Freibad verlaufen habe. Ein Freibad wie man es sich kaum besser vorstellen kann! Ein Freibad inklusive Umkleidekabinen mit unbeabsichtigten „Frischluftlöchern“, einer sozial generierter Engparzellisierung auf der Liegewiese, Pommes-Sonnecreme-Melange-Düfte aus allen Richtungen und Sardinenbüchsengefühle in den Nassbereichen. Da war ich nun, bewaffnet mit Handtuch, Badehose, einem stilos stillosen Weinglas aus oberpfälzischen Produktion, dem Wine-Stained Notebook eines gewissen trinkfreudigen Schriftstellers - zur persönlichen Zerstreuung bezüglich der beengten Einengungsverhältnisse - und einer Flasche Greifvogel Wein aus einer der wildesten, schroff-bergigsten und unterbevölkertsten Gegenden Italiens: Der Basilicata am Knick von Ferse und Ballen. Hergestellt wurde der Grifalco 2007 aus 100% auf vulkanischen Böden der DOC Vulture (Monte Vulture) gewachsenen Aglianico Trauben. Für mich ist Aglianico vielleicht die interessanteste klassische Rebsorte Süditaliens. Aus ihr lassen sich nicht all zu selten Weine mit Reichhaltigkeit, Schwere, Komplexität und einer gewissen kühlen Spannung herstellen. Die berühmtesten Beispiele für soche Weine mögen wohl aus der kleinen Region Taurasi in Campania stammen. Doch auch in der Basilicta zeigen einige Weinproduzenten was für ein Potential in dieser Rebsorte steckt. Die Azienda Agricola Grifalco della Lucania von Fabrizio Piccin und Ehefrau kultiviert erst seit wenigen Jahren Trauben in der Basilicata (erster Jahrgang 2004). Ihre Weinberge liegen in Regionen zwischen 300 bis zu 800 Meter Höhe und sind größtenteils sehr dünn bestockt. Ausgebaut wurde der Grifalco zu großen Teilen in Barriques verschiedenen Alters. Jetzt schauen wir mal ob der besagte Greifvogel einen Job gut erledigt hat …



Die Farbe des Grifalco ließ von Anfang an keinen Zweifel aufkommen. Es handelte sich bei diesem Wein um einen „echten Rotwein“ wie ihn sich Ottonormaltrinker vorstellt! Sie war tief dunkelrot und nahezu undurchsichtig. Alterserscheinungen am Rand konnte ich nicht wirklich entdecken. Der Duft des Weines war geprägt von frischen Pflaumen, staubiger Holzkohle, schwarzem Pfeffer, Spuren von Kuvertür-Schokolade, vielen dunklen Kirschen und einem angenehmen Hauch von Rumtopfassoziationen. Im Vergleich zum Geschmack war die Nase zwar etwas zurückhaltend, aber dennoch sehr griffig und einprägsam. Der Geschmack geizte nicht mit Kraft, gut eingebundenem und nicht störenden Alkoholanklängen, würziger Feurigkeit, typischer Rustikalität und einer für mich sehr angenehmen und trinkanimierenden Frische trotz seiner Schwere. Die Aromen waren geprägt von schwarzen Oliven, schwarzen Kirschen, ein wenig Pflaumen, staubiger Schokolade, etwas billigem Marzipan, einem Hauch ölig-erdigem Likör, getrocknete Tomaten, etwas süßes Paprikapulver und eine gewisse pfeffriger Würze. Das immer noch präsente und leicht ruppige Tannin verlieh dem Grifalco in Kombination mit seiner Frische eine tolle Spannung und ein fast schon ein erfrischend wirkendes Spiel. Eine gewisse runde Weichheit die es verstand Schmeichlereien zu verströmen war natürlich ebenfalls vorhanden. Zusammengefasst: ein swingender reichhaltiger Rotwein der zu keinem Zeitpunkt überdreht oder hitzig wirkte. Ganz sicher ein anständiger **** Aglianico der sich jetzt und in der näheren Zukunft auf seinem Höhepunkt befinden sollte! Bei der Zerstreuung auf dem dörflichen ländlichem Teutonengrill hat er und das weingetränkte Notizbuch einen guten Job in einer etwas surealen wirkenden Situation geleistet. Ich bin seelenruhig eingeschlafen ...

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