8.4.13

Teutonic Tintos mit zwei Infiltranten




Meine Güte, wenn ich mir die letzten Posts so anschaue, schreibe ich doch sehr viel über Pinot Noir! Erschreckend und eigentlich ganz schön fade würde ich meinen! Was soll man machen, wenn man sich auf diese Rebsorte nun mal so stark „eingetrunken“ hat? Naja, wahrscheinlich ist es am besten gleich noch etwas nachzulegen! Immerhin gibt es heute Pinot Noir aus einer Ecke der Welt, die ich all zu gerne ein wenig vernachlässige: Deutschland! Ja ja, die Teutonic Tintos haben es schwer bei mir Erwähnung zu finden. Daher kam es gelegen, dass ich vor wenigen Tagen die Möglichkeit hatte einige nicht mehr ganz so junge Spätburgunder aus deutschen Landen verkosten zu können. Daneben haben sich auch zwei Infiltranten unter die teutonische Menge gemischt, die für etwas, na sagen wir mal – Abwechslung, gesorgt haben.

Das Quälen mit allzu langen Texten liegt mir fern. Zumindest versuche ich es. Daher werde ich heute, wie schon öfters – und natürlich ohne erfolgreich zu sein, versuchen nur das Notwendigste aus meinen Notizen zu destillieren. Mal schaun' ob das klappen mag:



Ganz eindeutig herausgestochen ist am Verkostungsabend vor wenigen Tagen der Pinot Noir *** 2005 vom Weingut Holger Koch. Dieser konnte mich mit seiner Frische, Klarheit, feinste Frucht, Vitalität, vielleicht sogar Beschwingtheit und Präzision beeindrucken. Länge und Seriosität ohne Überkonzentration (bezüglich allen möglichen Aspekten) und exzessiver Holzwürze. Für mich ganz klar ein sehr anständiger ***** teutonischer Spätburgunder mit klarer und eigener Struktur sowie angenehmen Charakter. Leider gibt es nur wenige Produzenten im Badner Land die sich trauen solch eine Herangehensweise an Pinot Noir zu wagen. Zum Glück werden es immer mehr ...

Ein weiterer, vom Stil her sehr anders geratener, Spätburgunder kam aus dem Hause Huber in Malterdingen. Der Alte Reben 2007 von Bernhard Huber konnte mich mit wohldosierter Kraft, eher dunklen Fruchtaromen ohne süßliche Allüren, einer festen und nicht übertriebenen Erdigkeit, gutem Holzeinsatz und noch ziemlich präsentem und kantigem Tannin für sich gewinnen. Ein sicher noch etwas jung wirkender, aber wohl abgestimmter Pinot Noir dem ich sehr gerne als ein noch sehr anständiges ***** Trinkerlebnis bezeichnen möchte.

Ein weiterer Badner kam aus Holland, ähhm … aus der Ortenau. Der Pinot Noir SD 2005 vom Weingut Dujin. Diesen Wein habe ich die letzten zwei Jahre mehrfach getrunken und konnte ihm jedes mal nach entsprechender Belüftungszeit einiges an Positivem abgewinnen. Bei dieser Verkostung tat ich mir recht schwer einige aus der Balance gerate Aspekte auszublenden. Für mich zeichnete sicher der Wein zwar durch gekonnte und sehr dichte Konzentration, einer stattlichen Säure und sehr ansprechender dunkler Frucht aus, doch die sehr kräftige Holzwürze, die Anklänge an extra rauchigem Räucherspeck und ein sehr nervös wirkendes Moschus-Eukalyptus-Parfüm machten es mir schwer diesem Wein richtig schätzen zu können. Die Balance stimmte für mich bei diesem Wein leider nicht mehr. Viel Kraft, vielleicht sogar Gewalt, viel Holz, sehr wenig Finesse, wenig Raffiniertheit und schon gar keine Erhabenheit! Die eigentliche Reife des Weines erschien mir ganz gut. Immerhin zeigte sich der Wein nicht zu alkoholisch und süßfruchtig. Trotz der aufgeführten, und natürlich total subjektiven, Defizite ein noch anständiger **** Pinot Noir für sehr viel Geld.

Eben konnte ich beim SD von Dujin noch den Alkohol und eine süßlich zuckrige Fruchtigkeit negieren. Beim folgenden Wein dürfte es mir etwas schwer fallen. Der Laumersheimer Kirschgarten 2005 vom Weingut Philipp Kuhn in der Pfalz hatte vieles von dem was mir an so manchem teutonischen Pinot Noir nicht gefällt. Der Alkohol war leider sehr präsent, das Holz ziemlich überproportioniert und die sehr süßliche Frucht von dunklen Kirschen und Pflaumen entwickelte einen leichten marmeladig-likörigen Charakter. Alldem konnte ich nicht viel abgewinnen. Aufgrund der recht stattlichen Konzentration die zum Gesamtbild des Weines passte, einem gewissen Maß an Komplexität und einer passablem Säureausstattung konnte ich den Wein sicherlich noch sehr gut konsumieren. Daher, in meiner zugegebenen defizitären Sprache: So La-La ***.

Über die beiden letzten zur Verkostung stehenden deutschen Spätburgunder möchte ich nicht all zu viele Worte verlieren. Der Spätburgunder S 2006 vom Weingut Meyer-Näkel und der Spätburgunder Spätlese trocken 2005 aus dem Kallstatter Kronenberg vom Weingut Koehler-Ruprecht haben mich letztlich sehr enttäuscht. Der S von der Ahr war euphemistisch formuliert: leicht, sehr kräuterlastig, bestechend eindimensional und sehr durchschnittlich im Abgang. Wenn Frucht vorhanden war, dann die von ziemlich staubigen und schwachbrüstigen Kirschen. Auch eine längere Belüftungszeit über die Nacht hinweg erwies sich leider nicht als vorteilhaft. In den ersten eineinhalb Stunden der Verkostung habe ich mich noch daran geklammert, dass der Spätburgunder S doch noch irgendwie und irgendwo und irgendwann aufmachen könnte … Pustekuchen! Sehr enttäuschend! Eine längere Belüftungszeit beförderte den Koehler-Ruprecht Spätburgunder ebenfalls nicht zu erstaunlichen Verbesserungen. Ich empfand den Wein als sehr speckig-rauchig, stark von überreifen und kitschigen Kirschen geprägt, süßlich-karamellig und leicht alkoholisch. Die Nase wurde durch diffuse süßlich-brandige Eigenschaften und einer unangenehmen Banane-Kokussnuss Melange, die wohl vom Holz kam, geprägt. Ein für mich sehr penetrant und eigen wirkender Spätburgunder mit unterdurchschnittlich langem Abgang und unklarem Statement. Um ehrlich zu sein kann ich mich nicht entscheiden welchen der beiden letzten Weine ich eher empfehlen wollte. Ich mache es am besten kurz: Keinen!

Die schon erwähnten Infiltranten kamen aus dem Burgund und Österreich. Letzterer, ein Amphoren Grüner Veltliner aus dem Hause Ott von 2010, ist natürlich mit den Spätburgundern nicht vergleichbar. Wegen Rebsorte und Amphore. Er sei trotzdem kurz erwähnt. Mir erschien er unbeschreiblich gärig-grün-pfeffrig-sauerkrautig und milchig gelbig. Letzteres Attribut natürlich nur bezüglich der Farbe. Für mich im Moment absolut nicht einschätzbar. Zwar sehr komplex, aber reichhaltig an „komplizierten“ Aromen. Eigentlich bin ich offen für Vieles, meistens zu vieles, aber wie der Wein im momentanen Zustand sich präsentiert frage ich mich doch: Für was braucht die Welt ein „So-etwas“? Na, mal schau'n wie er in ein paar Jahren sein wird …

Der erste Infiltrant, also der aus dem Burgund, war ein Beaune Clos du Roy 1er Cru 2005 des Traditionshauses Prieur-Brunet in Santenay. Dieser kernige und sehr traditionell vinifiziert wirkende Pinot zeigte ein klaren Unterschied zu den teutonischen Gewächsen. Er mag zwar Anzeichen von etwas überreifer Kirschfrucht gehabt haben, da würden sich ein paar Parallellen auftun, doch die Struktur und Stilistik sprachen - im für mich positiven Sinne - eine ganz andere Sprache. Dieser Wein hatte viel mehr mineralische Erdung, viel mehr jugendliches und kräftiges Tannin, viel mehr reservierte und elegant anmutende Kraft, keinerlei Überholzung und schon gar nicht übermäßig viel Alkoholausstattung. Sicherlich war es kein „Großer Burgunder“! Wie sollte dies auch für 14 Euro die Halbflasche sein! Es war eher ein durchschnittlich guter Vertreter, kerniger klassischer Prägung aus dem wunderbaren Jahr 2005! Dennoch zeigte er viel mehr Dichte, Langstreckenpotential und bestechenden Charakter als die meisten Teutonen auf dem Tisch! Für mich, wie die Weine von Koch und Huber, zwar vom Stil her komplett anders, ein noch sehr anständiges ***** Pinot-Weinchen!


Mein Fazit halte ich kurz. Meiner Ansicht nach gibt es aus Deutschland sicher gute Pinot Noirs! Anhand der Erfahrungen der eben beschriebenen und sehr vielen anderen Verkostungen. Dennoch nicht so viele wie gerne gesehen oder daher geschrieben werden! Ich bin mir sicher, dass das Thema Teutonic Tintos bei mir wieder Erwähnung finden wird. Vielleicht nur nicht so oft!



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