Nach Chile hat sich meine neugierige Zunge nicht all zu oft verlaufen. Dafür gehe ich heute mal in die Vollen! Der Ocio von Cono Sur im Valle de Casablanca wenige hundert Kilometer südlich von Santiago dürfte einer der wenigen „Icon“ Pinot Noir Chiles sein. Cono Sur als eine nicht all zu kleine Weinunternehmung – auch für chilenische Verhältnisse – legt schon seit einigen Jahrzehnten ein besonderes Augenmerk auf Pinot Noir! Der Ocio, das Flaggschiff des Weinguts, wird seit Anfang des Jahrtausends regelmäßig produziert. Die Ausgabe des Jahres 2016 besteht zu 85% aus Pinot Noir Trauben vom El Triangulo Weinberg. Der Rest stammt aus dem San Juan de Huinca Weinberg. In beiden Weinbergen herrschen sandig-rotlehmige Böden mit Granit im tiefen Gestein vor. Die Trauben seit zwei Jahrzenten nach biologischen Richtlinien kultiviert. Sowohl die Vergärung als auch der 14-monatige Ausbau im neuen französischen Holz machten sich recht eindeutig bemerkbar. Dazu nun ein wenig mehr ...
Farblich konnte der Ocio
2016 mit einem dunklen ins Granat laufenden Rubin aufwarten, welches
mich mit seiner außergewöhnlichen Strahlkraft von Anfang an es vermochte mich visuell zu betören.
Huijujui, was für eine von mir ungewohnt schmalzige Aussage ... Wie dem auch sei, die sehr dünn geratenen ziegeligen Anmutungen im coronalen Bereich waren bei dem sonst sehr jugendlichen Eindruck eher zu
vernachlässigen. In meine Nasenflügel strömten satte und lebendig
wirkende Düfte von vollreifen Pflaumen, festem Eukalyptus – Chile
eben, so manchem Veilchen, würziger Tamarindenpaste, vielleicht auch etwas schüchtern wirkender Malventee und leider
offensichtliche Anzeichen einer nougat-nussigen Eichen Röstung der Extraklasse. Am
zweiten Tag konnte der Ocio das reichhaltige Holz etwas besser
managen, doch komplett in den Hintergrund ist sie zu keinem Zeitpunkt
getreten. Der Hauch an ätherische Würze und die Festigkeit vom
feuchten Lehm machten mir wiederum keine wirklichen Sorgen! Am
Gaumen ebenfalls zunächst recht viel vermeintliche Palisander
Kommode mit Nuss-Nougat-Politur aus dänischer edel Produktion. Da der
Ocio über einen entsprechend kräftig aufgebauten Körper verfügte,
wurde dieser meist nicht so glückliche Eindruck auf überraschende
Weise am Gaumen einigermaßen gut „weggesteckt“. Zwar milderten
sich die erwähnten Edelholz Anmutung mit zunehmender
Verkostungsdauer etwas ab, doch letztlich waren diese leider über
den gesamten Verkostungszeitraum von zwei Tagen einfach zu prägend!
So störend wie in der Nase waren sie glücklicherweise zu keinem Zeitpunkt. Sonst
wurde der Gaumen von dunklen, leicht angetrockneten, Kirschen und
sattem Pflaumensaft bestimmt. Casablanca typischer Eukalyptus durfte
natürlich auch nicht fehlen. Dazu Tamarindenpaste, schwarze Oliven,
viele Shitake Pilze und möglicherweise die eine oder andere
Tannennadeln. Die Säure präsentierte sich sowohl raffiniert als
auch durchaus lebensbejahend erfrischend … was mich in dieser ausgeprägten Art
überraschte und zu überzeugen vermochte. Strukturell zeigte sich
der Ocio von bestechender Qualität. Sein fester Körper und kantiges
Tannin sprachen mit überzeugender Zunge! Natülich ein gewichtiger
Pinot mit eher eingeschränktem Vermögen an Feingeistigkeit, doch mit
Klasse! Leider hat das überbordende Holz den Gesamteindruck etwas
gestört! Ein sehr anständiges***** Pinot-Potential würde ich ihm
allemal zugestehen!
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