Von Schreibfäulnis durchtränkte
Pinot-Monate liegen hinter mir! Irgendwie kriege ich diesen neuen
Fehlton nicht weggeschönt. Da ich aber einige sehr lohnenswerte
„Pinots weit weg“ nicht so einfach vom Tisch wischen möchte,
soll es heute zu einer geballten Nachlieferung an Flaschen kommen.
Dieses mal schicke ich meine Zunge nach Tasmanien, in den Nordosten
Spaniens, das kleine Luxemburg um abschließend im voralpinen
Slowenien einen komplex-jugendlichen Abgang zu finden.
Dalrymple Bicheno Pinot Noir
2012, Tasmania
Transparenz mit hellem, aber
etwas blutig wirkendem, Granat, welches sehr
glänzend und farblich sehr durchgängig wirkte, zeigte sich in meinem Glas. Die Nase wirkte mir
ein wenig zu parfümiert, aber sicherlich auch nicht unangenehm. In
den Vordergrund spielten sich nicht ganz dunkle Kirschen, sowie ziemlich
würzige und sehr saftige Pflaumen. Eher im Hintergrund zeigten sich
etwas überrösteter Kaffee, recht angenehmes Unterholz und ein ein
stärkerer Hauch von Eiche. Am Gaumen wirkte der Tasmanier
erstaunlich würzig, ähnlich von den Aromen, darüber hinaus zwar
noch etwas voller … glücklicherweise aber nicht wärmer. Das sich
im Hintergrund tummelnde Zündholz und der etwas angetäuschte Stich
Karamell waren keinesfalls störend, so ganz meins waren diese Attribute dann aber
auch nicht. Insgesamt ein wirklich überzeugender Pinot aus
Tasmanien! Viel Dichte, viel Lange und mehr Komplexität als meine zu kurze Verkostungsnotiz vermuten lässt. Etwas körperbetonter und wolllüstiger – sicherlich zu
dramatisch formuliert, glücklicherweise - als die anderen Pinots von
Dalrymple. Dennoch ohne weiteres eine sehr anständige *****
Abwechslung aus der neuen Welt.
Castell D'Encus Acusp Pinot Negro 2013,
Costers del Segre
Aus nicht ganz so fernen Gefilden kam
der mittlerweile in hiesigen Weinkreisen nicht ganz unbekannte Acusp mit viel
Tranzparenz und sehr hellem Rubinrot daher. Der Wasserrand erschien
mir bemerkenswert groß. Auch die sehr spielerische Viskosität ist
mir positiv aufgefallen. Seine Nase zeigte sich sehr frisch, schlankheitlich
und sehr animierend. Sehr subtil sich einbringende Himbeeren zeigten
neben frisch geschnittenen Rosen, etwas Zündholz (schon wieder?),
milden mediteranen Kräutern und trockenem Laubwerk ihr schon fast volles
Potential. Das in diesem noch sehr jungen Wein etwas doch und hoffentlich noch zu vital
wirkende Holz sollte ich nicht verschweigen. Aber naja, sonst passte
alles sehr gut! Der sehr jugendlich anmutende Gaumen wurde beherrscht
von Himbeeren, dunklem Pflaumensaft – beides ein anfänglich ein wenig
brausepulverhaft, einer sehr lebendigen Säure und einer
verständlicherweise sehr babyhaften Textur, welche bei dem einen
oder anderen (zu) frühen Schluck gewisses Nervungspotential inne hatte.
Das hört sich aber wesentlich kritischer an, als es in Wirklichkeit
war. Noch recht zurückgefahrenes Laubwerk, schüchterne
Rosenblätter, etwas Brennessel und die eine oder andere Spur an
Zimt, zeigten, dass von diesem Pinot durchaus viel in
Zukunft zu erwarten sein dürfte. Insgesamt für ein südeuropäischen
Pinot ein sehr feingliedriger und kühler Vertreter mit aufkommender
Eleganz und Komplexität. Wie erwähnt aber noch sehr grün hinter
den Ohren. Ebenfalls ein sehr anständiger ***** und überraschender Pinot Noir.
Keyser-Kohll Pinot Noir 2014, Coteaux
d'Ehnen
Aus doch sehr nahen Gefilden,
dessen Weine es eher selten über Mosel, Sauer und Our nach Teutonia
schaffen, kommt der nächste Pinot Noir. Auch der Luxemburger hatte viel Strahlkraft! Diese aber aus wesentlich dunkler Farbgebung heraus
emittierend. Farblich ging er schon eher in Richtung Granat. Transparenz
war dennoch gegeben. Die Nase zeigte viel kalten Rauch, feine Holzkohle,
kräftige dunkle Kirschen und straffe Würze von Thymian und etwas
schwarzem Pfeffer. Wie die zwei ersten Attribute vermuten lassen, kam
das Barrique in diesem ebenfalls jungen Wein noch relativ stark raus.
Am Gaumen zeigte sich viel saftige und vitale Schwarzkirsche. Dazu
ebenfalls reichlich Rauch, sowie feine Holzkohle und stramme Würze.
Sein Tannin war erstaunlich knackig und die Säure sehr präzise.
Abgang zeigte sich sehr herb-freundlich und respektabel lang.
Stilistisch ganz offensichtlich in Richtung Frankreich orientiert!
Vielleicht nicht gerade der vielschichtigste Pinot Noir, doch sehr
viel ernsthafte Pinot-Freuden für erschreckend wenig Geld bekommt
man hier allemal in Glas. Für mich absolut anständig **** ….
vielleicht sogar (in einiger Zeit) mit Tendenz gen sehr anständig *****.
Marjan Simcic Pinot Noir 2013, Goriška Brda
Und zum Abschluss geht es nochmal über
die Alpen in Richtung Südosten. Simcic's Pinot Noir aus 2013
präsentierte sich für pinotige Verhältnisse sehr dunkel mit wenig
Glanz. Die Nase zeigte sich zunächst recht schüchtern. Die
fruchtige Prägung wirkte sogar zunächst etwas matschig und warm. Im Vordergund
standen dunkle Kirschen, Thymian, Rauch und ungewöhnlicherweise eine
reichhaltige Portion an Lakritze. Nach ungefähr fünf Stunden machte
der Pinot mehr auf. Nun wirkte er ziemlich maskulin expressiv mit
Düften die an Erde, Laub, Kaffee und etwas Moschus erinnerten. Auch
die vorher errochene Wärme trat etwas in den Hintergrund. Am Gaumen
wirkte er in den ersten Stunden sehr hart, wild und tanninbetont.
Säure zeigte sich nicht ganz so roh. Von den Aromen her viel mehr
Unterholz als in der Nase, dunkle Kirschen (hier weit weniger warm
als in der anfänglichen Nase), viele schwarze Oliven, etwas Lakritz
und viel eher kühlem Rauch. Nach wiederum ungefähr fünf Stunden wirkte
das Tannin etwas freundlicher. Ein knackigen Punch hat sich dieser
sehr junge Pinot dennoch über die zwei Verkostungstage bewahren können. Was die Frucht betraf zeigten
sich die dunklen Kirschen und stärker aufkommendes Cassis ganz
leicht konfitürig. Für mich hart an der Grenze zu eher unangenehmen
Gefühlsregungen. Diese wurde aber glücklicherweise nicht überschritten. Sonst zeigte
der Pinot wesentlich mehr Komplexität als in den ersten Stunden. Viel ernsthafte und straffe
pfeffrig-thymian'ige Würze gepaart mit Blut, Oliven, Rauch und
laubig-erdigen Aromen. Auch der Abgang zeigte sehr viel Potential für ein
zukünftiges Genusserlebnis. Betonung auf zukünftig bezieht sich eigentlich auf
den gesamten Wein! Lieber noch gute fünf Jahre liegen lassen und
nicht so doof-neugierig agieren wie ich. Aber einer "muss" es ja schließlich machen. Sicherlich ein anständiges **** Pinot Erlebnis, welches wohl nicht wirklich einer meiner
stilistischen Präferenzen so richtig entspricht! Er hatte trotzdem was. Eben etwas wilder und draufgängerisch-körperbetonter!