17.9.15

Shea Wine Cellars Shea Vineyard Pinot Noir 2011, Willamette Valley



Nach ungesund langer Abwesenheit führt mich meine Zunge heute endlich mal wieder in das Willamette Valley! Da es sich beim heutigen Wein um einen Pinot Noir aus dem ungewöhnlichen Jahr 2011 handelt, möchte ich heute auch etwas ungewohnt mit einem Zitat beginnen:

„In 2011 we experienced the coolest growing season since the birth of Oregon’s wine industry in the 1960s. Fortunately, autumn rain held off allowing us to harvest dry fruit from mid - October into early November – our latest harvest ever. Long, slow flavor development is what winemakers hope for, and we got it in spades. Cool - vintage wines retain lots of acidity. That’s a good thing. Acidity makes the wine bright, food friendly and long - lived in the cellar. Our 2011 wines are full of elegant, old world complexity and character.“

Meiner – zugegeben kaum anhand erwähnenswerten Zungenerfahrungen belegbarer – Meinung nach, gibt diese Einschätzung von Shea Wine Cellars die Verhältnisse im Jahr 2011 ziemlich gut wieder. Wobei die Aussage des letzten Satzes sich gleich noch zeigen dürfte.

Aber jetzt nochmal von vorne! Wie gewohnt: Bei meinem heutigen „Pinot weit weg“ handelt es sich um den Estate Pinot 2011 von dem eben schon erwähnten Produzenten Shea Wine Cellars. Hergestellt wurde dieser aus zwölf unterschiedlichen Blocks des mittlerweile in Oregon sehr berühmten ca. 55 ha großen Shea Vineyard nahe Newberg zwischen den AVAs Dundee Hills und Yamhill-Carlton. Doch nur in etwa 25 % der Ernte werden von Shea Wine Cellars selber in meist fünf unterschiedlichen Pinots verwertet. Wie in den USA nicht unüblich wird der große Teil der Trauben an andere Weinproduzenten in Oregon und sogar in Kalifornien verkauft (bzw. nach spezifischen Kundenvorgaben auch kultiviert). Jetzt aber wirklich zurück zu meinem Pino! Geerntet wurde das Traubenmaterial zwischen dem 23. Oktober und 2. November 2011. Sogar für oregonesischen Verhältnisse eine recht späte Ernte würde ich meinen. Bei den geernteten Klonen handelte es sich hauptsächlich um Wädenswil- (was man meiner nicht ganz so unerfahrenen Meinung nach klar spürte) und Pommardklone. Aber auch einige eher jüngere Dijon Klone 777, 114 und 115 haben den Weg für den Estate in die Presse gefunden. Ausgebaut wurde er in zu 48 % neuem französischem Holz. Genug der Informationen! Nach so langer Oregon Pinot Durststrecke sollte ich es mit meiner zielfreien Info-Ansammlung nicht übertreiben:



Die mittleren rubinroten Reflexe die mir aus meinem Glas entgegenblinzelten erwiesen sich als sehr glänzend, farbbeständig und von angenehm leichtflüssiger Viskosität  geprägt. 

In der Nase erwies sich der Shea Vineyard Pinot in den ersten beiden Stunden als ziemlich verschüchtert und nicht sonderlich duftwillig. Vom wohnten „Oregon Funk“ war in dieser Phase eher wenig zu spüren. Die sich entwickelnden, mehrheitlich vermeintlichen Kirscharomen waren eher eisern und kühl, der Rauch minimal, sowohl der Wacholder als auch der Wermut eher ideebedingt und die anfänglich vernommene Schuhcreme glücklicherweise kontinuierlich abbauend. Nach einigen Stunden der Luftzufuhr zeigten sich weich anmutende Aromen die hauptsächlich an saftige Pflaumen erinnerten. Diese wurden von einem zurückhaltenden Potpourri an Waldbeeren unterstützt. Auch das eine oder andere eleganzversprühende Veilchen zeigte was für eine schüchterne Kraft in ihm steckte. 

Am Gaumen war der Oregonese „typischer“ und sicherlich wesentlich mitteilungsfreudiger. Sehr saftige und fruchtbetonte, mir bisweilen etwas zu saftige und vielleicht auch zu fruchtsüße, Aromen die an dunkle Kirschen und Pflaumen(eiscreme) erinnerten, prägten das Geschmacksbild in den ersten beiden Stunden. Eine intensive Fruchtkraft die möglicherweise von einem Überhang an zur Fruchtigkeit neigenden Wädenswilklonen hergerührt haben dürfte. Neben dieser anfänglichen Fruchtkraft zeigten sich auch Aromen die nicht fern von Pfeffergewürzmischungen, feuchtem Waldboden, etwas Milchschokolade, recht flacher Bodenprägung und einer Spur Vanille angesiedelt waren. Glücklicherweise entwickelte sich dieses eher jugendlich-fruchtkraft-nervöse Geschmacksbild mit den Stunden zu einer etwas unaufgeregteren, sehr gut balancierten und schon fast erhabeneren Pinotigkeit. Frisch, wunderbar trinkig und hervorstechend sympathisch zeigte er sich von Beginn an. Sein Tannin kam mir leider für sein jugendliches Alter ein wenig semi-spannungsbefreit vor. Auch die Spannung am Mittelgaumen hätte meiner Meinung nach bei einem Wein dieser Preisklasse etwas ausgeprägter sein dürfen. Das leicht spürbare Holz machte mir in diesem Fall weniger Probleme. 

Ob dieser Pinot Noir nun wie im Eingangszitat angeführt: „ ... full of elegant, old world complexity and character“ war, würde ich so nicht unterstreichen wollen. Dafür habe ich schon viel zu viele Oregon Pinots probiert die einer solchen Beschreibung wesentlich näher kamen. Naja, dieses Statement mag auch damit zusammenhängen das Shea in „besseren“ Jahrgängen gerne wesentlich reichhaltigere und alkoholstärkere Pinots (dieser hatte nur 13 %) produziert als es mir persönlich lieb ist. Gefallen habe ich an ihm dennoch gefunden. Insbesondere am zweiten Tag konnte mich seine schmeichelnde Unaufgeregtheit überzeugen. Daher lasse ich mich gerade noch zu einem sehr anständig ***** hinreißen.

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