Brücken gibt es
viele! Manche Brücken sind schön anzusehen, die meisten sind eher nützlich
und von zweckmäßiger Natur, fast alle Brücken verbinden und die
eine oder andere – insbesondere eine ganz Spezielle – rufen zuweilen bei so Manchem, in dem speziellen Fall bei so manchem Weinliebhaber, zünftig-saueraufstoßenden Unmut hervor. Trinkbare, gar schmackhafte
Brücken hingegen gibt es meines Wissens nicht ganz so viele! Doch
gerade eine solche außergewöhnliche Brücke möchte ich euch heute
vorstellen!
Das Fundament für
diese besagte liquide Brücke wurde im Jahr 2012 während eines
Skype-o-visio-phonats - muss mal schaun ob diese eindringlich-seltsame
Beschreibung schon geschützt ist ;-) - zwischen Daniel Immich vom Weingut Immich-Anker in Enkirch an der Mosel und dem Weinmacher und
Weinimporteur Barnaby Tuttle der Teutonic Wine Company in Portland
gelegt. Der Plan war ganz „einfach“: Lass uns zusammen einen Wein
machen! Und jetzt kommt es. Mit zusammen war nicht gemeint, dass man
an der Mosel oder im Willamette Valley gemeinsam einen Wein
produzieren wollte, sondern das man beide Orte mittels einer
Wein-Brücke - oder etwas spezifischer einer Riesling-Bridge, in Form einer sich ergänzenden
sowie verbindenden Zusammenfügung von Wein, verbinden wolle! Was für
eine wagemutig-grandiose und sicherlich auch leicht verrückte Idee!
Wie hat man sich solch eine verbindende
„Zusammenfügung“ nun vorzustellen? Recht simpel, man mischt
einfach den riesling'ischen Rebensaft von beiden Seiten des Atlantiks
und nennt ihn „The Bridge“! Naja, ganz so einfach war es dann
wohl doch nicht! Zum einen musste der moselanische Teil, insgesamt
fünfhundert Liter, auf einen zoll-erschwerten langwierigen Weg in
fünfhundert einzelnen 1 Liter Flaschen nach Oregon verschifft
werden. Zum anderen durfte nach Fertigstellung dieser besagte „The Bridge“ Riesling 2012 weder Riesling genannt werden, noch einen Jahrgang oder
eine Herkunftsbezeichnung auf dem Etikett haben. Dies vereitelten die Regularien der
amerikanischen TTB.
Genug der Vorrede! Jetzt soll es mehr zum eigentlich
Interessanten geben: dem Wein. Bei dem „The Bridge“ Rielsing handelt
es sich um einen zu gleichen Teilen von der Mittelmosel und dem
südlichen Willamette Valley in Oregon vermischten Riesling. Das
Traubengut für den deutschen Teil des Rieslings
stammt aus 50 bis 70 Jahre alten teilweise wurzelechten Anlagen im
Enkricher Eisbruch. Im Eisbruch herrschen, wie in vielen Teilen an
der Mittelmosel, sehr steile Blauschieferterrassen vor. Vergoren
wurde er spontan ohne Reinzuchthefen im Edelstahltank. Das Traubengut
für den amerikanischen Teil stammt von mehr als 30
Jahre alten Anlagen aus dem südwestlich von Eugene gelegenen Crow
Valley Vineyard. Bei den dort vorhanden Böden handelt es sich um
Tonböden mit hohem Eisenanteil. Vergoren wurde er spontan ohne
Reinzuchthefen in alten gebrauchten Barrique Fässern. Dabei lag er
für 12 Monate auf der Hefe ohne aufgerührt zu werden!
Insgesamt wurden 1000 Liter (ca. 1300
Flaschen) dieses Weines produziert. Dabei raus gekommen ist ein sehr
eigenständig wirkender und durchweg erwähnenswerter Riesling wie
man ihn ganz sicher nicht alle Tage vorgesetzt bekommt!
Die Farbe des The Bridge Riesling
erwies sich als bemerkenswert satt für sein jugendliches Alter. Hell
goldenen Reflexen waren in jeder Biegung meines Glases auszumachen. Seine Viskosität wirkte für einen sensorisch trockenen Riesling mit 11,1 % Alkohol erstaunlich
dicht und dickflüssig. Meine Nase erreichten komplexe und größtenteils exotisch
reife Düfte von Mandarinen, getrocknetem Pfirsich, einer Spur
Kokosnuss und sehr frisch wirkender gelber Grapefruit. Das Nasenspiel
machte auf mich einen sehr expressiven, leicht ins Breite gehenden, in der ersten Stunde etwas petroligen und dennoch erstaunlich elegant-frischen
Eindruck. Darüberhinaus meinte ich zeitweise eine gewisse mir
vertraute schieferlastige Würzigkeit aufzuschnappen. Am Gaumen
zeigte der "The Bridge" Riesling ein packendes, eher zur Weichheit
tendierendes, dichtes und keinesfalls fett wirkendes Spiel an
unterschiedlichen, teilweise für Riesling etwas ungewohnten,
Aromen(-kombination). Im Vordergrund standen hierbei sehr expressive
und reife Aromen von Pfirsichen, frischen Mandarinen und einem Hauch
leicht unreifer Ananas. Diesen sehr mitteilungsvollen Aromen stand
eine prägnante, frische und belebende Säure, die wohl vom
moselanischen Part beigesteuert wurde, gegenüber. Nach etwas mehr
als 1 ½ Stunden kamen immer mehr ergänzende Aromen auf, die mich an mildes Marzipangebäck und an Oma's Käsekuchen
mit Rosinen erinnerten. Diese Aromen verblieben trotz ihrer
vermeintlich süßen Grundgesinnung sensorisch durchweg trocken. Wie
ich schon erwähnt habe: ein durchaus ungewöhnliches Geschmacksbild.
Die „anspringende“ und lebendig-frische Struktur des Rieslings
und seine bemerkenswerte Länge im Abgang konnten mich überzeugen.
Meiner Ansicht nach verbanden bzw. ergänzten sich die beiden
„Grundweine“ überraschend gut! Einerseits konnte der Moselaner
dem Weine eine gewisse Frische, vielleicht eine Spur Raffinesse und
sicherlich ein gehöriges Maß an Kühle verleihen. Der oregonesische Teil
vermochte es zu diesem gelungenen Weinprojekt reife und
ausdrucksstarke Fruchtaromen sowie eine respektable Tiefe
beizusteuern. Für mich, in meiner etwas kokettierend-misanthropischen Bewertungssprache ausgedrückt, ein durchweg sehr anständiger ***** Riesling
mir viel eigenem Charakter und „beängstigend“ schnellen Flaschenleerungsqualitäten!
Neben dem "The Bridge" Riesling konnte
ich zeitgleich auch den Enkricher Eisbruch Riesling trocken vom
Weingut Immich-Anker aus den Jahren 2012 und 2013 verkosten. Der
2012er, der exakt den die 50%igen Mosel Anteil im The Bridge Riesling
vertrat, hatte eine wesentlich hellere und zartere Farbe. Seine Nase wirkte schlank, zeigte eine angenehme leichte
schieferlastige grün-würzige Aromatik, hatte auch etwas von weißem
Pfeffer und eine Idee von fruchtiger Traubigkeit. Sein Geschmack war
geprägt von kühlen und sehr fein betonten mild- fruchtigen Aromen
sowie einer delikaten Blauschiefer Mineralität. Die feinen
Fruchtaromen erinnerten mich stark an Limonen und deren Abrieb sowie
an etwas grünen Apfel. Die Säure zeigte sich im Eisbruch 2012
zweifelsohne sehr prägnant. Wie schon erwähnt, kam diese im Bridge
Riesling sicherlich sehr gut und wohltuend durch. Für mich war der
Eisbruch Riesling trocken ein schlanker, durchweg sehr trinkfreudiger, eher unkomplizierter, eindeutig trockener – nicht
nur moseltrockener - und jetzt schon sehr gut zugänglicher
Spaß-Riesling mit offensichtlichen Anzeichen seiner moselanischen
Herkunft!
Der Enkircher Eisbruch Riesling trocken
2013 präsentierte sich im Vergleich zum 2012er erstaunlich
unterschiedlich. Alleine schon der angegebene Alkohol war 1,5 % höher
als beim 2012er (nur 11,0%). Zwar erwies sich seine Farbe als durchaus
vergleichbar hell und fast schon etwas farbarm, doch schon seine Nase
wirkte wesentlich duftig-expressiver, exotisch-fruchtiger und noch etwas jugendlich aufmüpfig. Die nasalen Fruchtaromen erinnerten mich
an Guave, noch leicht grüne Banane, eine Spur Holunder und ergänzend
dazu der schon vom 2012er bekannte grüne Apfel. Auch sein Geschmack
war, wie seine Nase, wesentlich ausdrucksstärker, reif-fruchtiger
und durchweg jugendlich lauter. Am Gaumen wirkten die vom
Naseneindruck schon bekannten Aromen schon fast ein wenig üppig.
Glücklicherweise konnte die merkbare Säure dieser zur Exotik neigenden
Üppigkeit zu einer sich ankündigenden Balance verhelfen. Mit etwas
mehr Belüftung (nach ca. 3 Stunden und am zweiten Tag) vermochte es
der Eisbruch Riesling Andeutungen zu machen wo seine Entwicklung
hingehen wird. Nun wirkte er ausbalancierter, zeigte einige leicht
rauchig würzige Herkunftsmerkmale und sogar eine Spur Raffinesse. Im
Vergleich zu 2012er kam mir die Ausgabe von 2013 doch etwas
moseltrockener vor. Ich würde dem 2013er Eisbruch Riesling trocken
noch einige Zeit auf der Flasche gönnen. Seine Anlagen scheinen den
2012er - hinsichtlich noch mehr Spaß im (mit mehr Substanz gefülltem)
Glas - zu überflügeln.
2 comments:
Glad to see you got to taste and enjoy this. I too was impressed by the ability of the Mosel acidity to distinguish itself within the blend.
Hi Dan, yep I really enjoyed the Bridge. I tasted it together with a real Rieslind "fanatic" and he enjoyed it as well. A very unique way of Riesling. Happy Holidays!
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