Il Chiuso – der Geschlossene, der
Engstirnige oder im vorliegenden Fall wahrscheinlich am besten der
Verschlossene - der Verschlossene vor noch einigen Jahren wohlgemerkt
– ist meiner Ansicht nach ein nicht ganz unpassender Name für
toskanisch/umbrische Pinot Neri. In ihrer Jugend und weitere Jahre darüber
hinaus wirken diese gern abweisend, wild, astringierend und ruppig, doch nach langer Reifezeit entwickeln sich um so "gerner" erstaunlich
intensive wie prägnante erdige, würzige und dunkelfruchtige Aromen. Solch eine kurze Entwicklungs-Umschreibung dürfte auch auf
meinen heutigen sehr gereiften „Pinot weit weg“ aus dem Jahr 1993 zutreffen.
Natürlich handelt es sich bei dem Namen Il Chiuso nicht nur um eine etwas dürftige Heranleitung zum eigentlichen Thema. Viel wichtiger ist, dass Il Chiuso auch eine ca.
4,1 Hektar kleine im Jahr 1984 mit burgundischen Pinot Nero Klonen
bepflanzte Parzelle im berühmten Vigneto
San Lorenzo von Castello di Ama ist. Die Reben in dieser Parzelle stehen in ca. 500 m Höhe
auf sehr kalkhaltigen und mit Schieferton durchzogenen Weinberglagen.
Obwohl ich einge vermutbare "Ergebnisse" schon vorweg genommen habe, dürfte es
trotzdem interessant sein, wie sich dieser Castello di Ama Il Chiuso 1993 in meinem
Glas präsentiert hat ...
Farblich zeigte sich der Il Chiuso 1993
ziemlich, wenn auch für einen Toskaner nicht weiter überraschend,
dunkel sowie sehr von granatroten Reflexen und von einem Meer (!) an
Transparenz trübenden Sedimenten geprägt. Am Rand zeigten sich
erstaunlich wenige Verfärbungen ins Rot-Braune. Die Farbe von mit
Wasser verdünnter Cola dürfte die dünne Korona wohl am besten beschreiben. Das
Bouquet war ziemlich dreckig, wild, erdig, von Kaffee, Wacholder,
Holzkohle und staubig-getrockneter und verhalten wirkender sehr
dunkler Kirschfrucht geprägt. Auch Spuren von schwarzem Pfeffer und
eine in der ersten Stunde recht präsente wirkende und nicht sehr
begeisterungsendfachende Krautig(Rübig)keit. Letztlich zeigte sich die Nase
wesentlich gereifter, aber sicher nicht ausgezehrt, als die Farbe es
verraten wollte. Der Geschmack war von Anfang bis Ende, ca. drei
Stunden später, wesentlich frischer, stabiler und lebendiger als die Nase.
Zunächst dominierten erdige und rauchige Tertiäraromen. Doch nach
einer guten Stunde wachten die fragil wie auch raffiniert wirkendne, aber dennoch ausdrucksstarke Aromen
von reifen, angetrockneten Schwarzkirschen so langsam auf. Ein Hauch von Wacholder,
Piment, mildem Schwarztee und staubigem Kaffeepulver gesellten sich ebenfalls hinzu. Auch nach ca.
drei Stunden verweilte der Gesamteindruck von überzeugender Frische in
meinem Glas. Seine immer noch kräftige Säure, die vor zehn-fünfzehn
Jahren bestimmt sehr angriffslustig gewesen war, dürfte der Hauptgrund für sein mehr-als-nur-Überleben der letzten zwanzig Jahre in nicht
unbedingt optimaler Lagerungsumgebung gewesen sein. Auch sein durchhaltendes angeschliffenes durchweg burschikos wirkendes Tannin dürfte seinen Beitrag zum gereiften Gelingen Il Chiuso 1993 geleistet haben.
Für mich war der Il Chiuso 1993 ein geschliffener, in sich
stimmiger, gut abgehangener und durchaus komplexer wie auch
überdurchschnittlich langer Pinot Noir typischer toskanischer
Prägung der zwar eindeutig gereift war, doch vom Altersheim sich
immer noch eine Weile verhalten darf. Für mich ganz klar ein sehr anständiger ***** Wein!
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