Letztens hat es sich
ergeben, dass sich einige Weine bei mir eingefunden haben die
unbedingt verkostet werden wollten. Die Zusammenstellung zeichnete
sich durch Wildheit, Bäuerlichkeit und Eleganz aus: Neuweltliche Wildheit in Form
eines Wild Sauvignon 2010 von Greywacke in Marlborough welcher mir
doch ganz schön in meine Keksvertilgungseinrichtung geschlagen hat.
Die etwas lahm wirkende klassische Bäuerlichkeit in Form eines warmen und fruchtigen
Bourgogne Roncevie 2009 der Domaine Arlaud. Und letztlich –
landweinliche Eleganz - in Form eines „Liaison“ Pinot Noir 2010 Landwein vom
Oberrhein aus den Händen der zumniederknienen-verleitenden
Garagenwinzerrei Enderle & Moll.
Der größtenteils im
gebrauchten Holz mit wilden Hefen vergorene und ausgebaute Wild
Sauvignon 2010 des Weinbauprojekts Greywacke (von Kevin Judd, einstens Cloudy Bay) überraschte zunächst
mit seiner recht gelb-farbig satten Farbe. Sicherlich nicht
stroh-gelb, aber meilenweit entfernt von durchschnittlichen farbarmen Sauvignon
Blanc Färbungen. Die Nase zeigte typische neuseeländische (und
von mir aus auch nicht-neuseeländische) Sauvignon Blanc Gerüche: viel frisches vom
übermäßigen Regen verwöhntes Gras, dazu Zitronengras, reife
Stachelbeeren, feinsten Rauch und Anklänge verschiedenster weißer
Früchte. Der Duft war sehr parfümiert und expressiv – dennoch
sicherlich nicht unattraktiv! Auf die Mütze, bzw. meine
Keksvertilgungseinrichtung, bekam ich mit den ersten Schlucken. Hier
zeigte sich seine spezielle Wildheit! Der Geschmack war gewaltig,
intensiv, expressiv und ganz sicher auch sehr komplex. Die Aromen
verhielten sich mit der Nase in etwa deckungsgleich. Darüber hinaus
zeigten sich kurz vor dem hälsischen Abgrund wunderbare und lang
anhaltende Aromen von dunklen Beeren und eine wohl abgestimmte
Cremigkeit, welche dem Wein noch mehr Attraktivität und Komplexität
verliehen. Auch der mineralische Ausdruck und die „Gaumenspannung“
zeigten wirklich beeindruckende Ausprägungen. Soweit, vor allem wenn man bedenkt das es ein Sauvignon Blanc war ;-), war alles super! Doch
auf die Mütze gab es trotzdem! Der Alkoholeindruck (14%) war enorm
und leider nicht wirklich hintergründig. Er sprang mir von Anfang an
so richtig ins Gesicht und führte dazu, dass ich schon nach einem
Glas rote Backen bekam und halb-K-O. in den Seilen hing. Leider war
dieser Umstand sehr präsent und drückte sich zum einen durch einen gewaltigen Körper
und zum anderen durch einen etwas aufdringlichen alkoholischen Geschmack aus. So
frisch, komplex, aromenverwöhnt und tiefgründig der Wild Sauvignon
2010 ganz sicher war, der Alkohol-Punch war mir einfach viel zu viel!
Daher für mich nur (und leider) ein anständiger **** und doch recht typisch
neuseeländischer Sauvignon Blanc. Das typische meine ich von seiner
sehr parfümierten und expressiven Art abzuleiten, welche mich in
diesem Fall nicht störte. Natürlich hatte diese Expression auch
etwas mit dem starken Alkohol zu tun …
Über die lahm wirkende
klassische Bäuerlichkeit des Bourgogne Rouge Roncevie 2009 der Domaine Arlaud
möchte ich nicht sehr viele Worte verlieren. Die Nase präsentierte
viel matschig bräunliche Frucht von Erd- und Himbeeren die ein wenig
uninspiriert bzw. nicht sehr enthusiastisch in meine Riechkanäle
vordrangen. Etwas Bauernhof und lakritze-lastige Noten durften auch
nicht fehlen. Was den Geschmack betraf zeigten sich an meinem Gaumen ähnliche Eindrücke. Der Roncevie war eher einfach gestrickt, von etwas groben
bäuerlichem Charakter, war ein wenig warm und reif anmutend, zeigte leichte Säuredefizite und war dennoch alles andere als dünn oder wässrig. Die letzten Attribute scheinen das große Plus des Jahrgangs 2009 zu sein. Zusammengefasst: ein einfach einfacher und noch
anständiger **** Pinot Noir der mir, für was er war, gefallen hat.
Mein Highlight der kleinen
Verkostung war ohne Zweifel der Pinot Noir 2010 Liasion der schon an
anderer Stelle erwähnten Abfüller (wie es so schrecklich nüchtern
auf dem Rückenetikett vermerkt wurde) Enderle & Moll. Die Farbe
des Liasion 2010 war gar nicht so hell, aber sehr transparent und
natürlich dem Alter entsprechend äußerst jugendlich. Die Nase zeigte sich sehr elegant
und ernsthaft-betörend-verspielt. Die Aromen erstrecketen sich über sehr
lebendige Waldbeeren und reife Erdbeeren hin zu einem Hauch von
Zündholz und Anmutungen von feinster Nussschokolade. Der Geschmack
begeisterte mich mit seinen klaren Fruchtaromen (frische reife
Erdbeeren und anderen Waldbeeren in Verbindung mit kühl wirkenden
Pflaumen und etwas bitterem Nuss-Nougat) und seiner
klaren-tänzelnden-eleganten Struktur. Die Säure war prägnant und
im Gesamtbild sehr gut integriert. Sicherlich war der Liasion kein
Beispiel für extrem viel Dichte und Konzentration. Diese Attribute
sind bei badischen Spätburgundern ja nicht so sonderlich schwer zu
finden. Auch die Länge und Komplexität war nicht komplett übermannend. Ihn zeichnete seine Leichtigkeit, Ausgewogenheit und Eleganz
aus. Diese wiederum ist im sonnenverwöhnten Badnerland nicht ganz so
einfach auffindbar. Mit Sicherheit ein sehr anständiger ***** Pinot
Noir. Ich freue mich schon auf Enderle & Moll's Oberklasse
Pinots!
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