Vor einigen Wochen habe ich meine Zunge
endlich mal wieder auf einen Ausflug in die Ferne geschickt. Dieses
mal ging es nach Südaustralien. In eine Ecke Südaustraliens, die
mir nicht sonderlich vertraut ist, und ich so auch nicht in diesem
mir sonst durchaus vertrautem recht hitzigen Bundesstaat erwartet hätte. In der mit auenländischer
Lieblichkeit durchzogenen Hügellandschaft der Forest Range Ridge
der Adelaide Hills betreiben Tim Webber und Monique Milton seit einigen Jahren die Manon
Farm. In der direkten Einflusszone des Great Australian Bight
kultivieren die beiden auf ca. 600 m Höhe mit Vorliebe europäische
Klassiker wie Pinot Noir, Chardonnay, Savagnin, Pinot Gris, Cabernet
Franc und einige andere dem Cool Climate zugeneigten Rebsorten. Die
Trauben meines Pinot Noir namens Pinot Nori aus dem Jahr 2018 stammen
aus kleinteiligen Weingärten die auf rotem Ton und Glimmerschiefer
vor ca. 30 Jahren angelegt wurden. Ausbau erfolgte in gebrauchtem französischem Holz und die Weinbergs- und Kellerarbeit wurde
nach naturalistischen – oder wie auch immer man das nennen möchte
– Gesichtspunkten betrieben. Dies wurde schon beim Einschenken mehr
als klar ...
Von Seiten seiner Farblichkeit mag sich
die Attraktivität dieses Pinot Noir nicht jedem Weinfreund auf
Anhieb erschließen. Mir sind Fragen zur Farblichkeit, vorausgesetzt
sie prophetieren keinen Defekt oder den unvorteilhaften Nahtod,
relativ gleichgültig. Insbesondere Trübungen stellen für mich
keinen Hinderungsgrund da, einem Wein meine Abneigung entgegenbringen
zu müssen. Trübheitsphobiker dürfte dieser Pinot große
Schwierigkeiten bereiten. Selten hatte ich einen trüberen Pinot im
Glas. Dennoch zeigte sich in der Brillierung der rubinroten Reflexe
mit leicht granatigen Einschlag eine eindeutig vernehmbare Strahlkraft.
Verfärbungen hinsichtlich Alters etc. konnte ich zu keinem
Verkostungszeitpunkt ausmachen. In der Nase zeigten sich sehr
lebendige Düfte von frischen Himbeeren und reifen, leicht angeeisten,
Erdbeeren. In den ersten Minuten verweilte eine leichte
Brausestäblichkeit in meinen Riechkanälen, welche mir in Verbindung mit dem sonst vorherrschenden Gewürzteppich leichte Schwierigkeiten bereitete. Diese hielt
glücklicherweise nur sehr kurz an. Der erwähnte Gewürzteppich zeichnete sich zunächst durch vielerlei Düfte die an einen Urlaub auf dem Bauernhof erinnerten aus. Ebenfalls
nur zu anfangs! Und ebenfalls glücklicherweise! Über den Verkostungszeitraum hinweg integrierten sich
diese heuig-animalischen Eindrücke immer mehr in das Geruchsbild.
Sehr frisch anmutender Waldmeister, etwas Thymian, schwarzer Pfeffer, Tamarinden am Baum und noch
schwärzere Casablanca Oliven steuerten eine nasale Dimension bei,
welche man sonst auf diese Weise nicht all zu oft in einem Pinot
auffinden dürfte. Am Gaumen war zunächst die enorm lebendige Säure
auffällig. In Südaustraliern dürfte man eine solch energiegeladene
und fast schon wild anmutende Vitalisierungsstütze eher selten vorfinden. Von
der aromatischen Seite her zeigten sich prominent würzige Attribute
wie Piment, schwarze Oliven, Waldmeister, roter Pfeffer, mildes
Dörrfleisch, erstaunlich viele Tamarinden, etwas Sesam und herbes
zuckerbefreites Shortbread. Über die Stunden und Tage harmonisierten
sich diese würzigen Noten auf fast schon symphonische Weise und überstrahlten die sehr kühl und
schlank wirkenden Aromen von reifen Erdbeeren und Himbeeren nicht
mehr in dem Übermaß, wie es sich in den ersten ein bis zwei Stunden
verhielt. Strukturell waren feinkörnig-kernige Tannine durchweg evident. Rein stilistisch gesehen zeigte der Manon Pinot Nori 2018 sehr angenehmes und mit fortschreitender Dauer ein sich vertärkendes Leichtfüßigkeitspotential. Von Anfang bis Ende ein sehr „naturalistischer“ Pinot
Bursche der seine Machart zu keinem Zeitpunkt verschweigen kann und
will. Für mich ein sehr eigenständiger, lebendiger und durchweg
sehr anständiger***** Pinot aus Down Under. Zweifellos ein Kandidat für den ich auch mitten in der Nacht zum Kühlschrank schleichen würde um mir ein weiteres Probeschlückchen zu gönnen, da man in ihm immer wieder neue Facetten entdecken konnte.
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