Ich bin schwer der Annahme verfallen,
dass die wenigsten von uns, sofern wir es überhaupt soweit schaffen
sollten, nicht die Absicht hegen mit 96 Jahren ein Weingut gründen
zu wollen bzw. ein Weingut aus dem Dornröschenschlaf erwecken zu
wollen. So, oder in etwa so, hat es sich im Jahr 2006 zugetragen, als
Baron Bodo von Bruemmer die Adega Casal Santa Maria gründete. Von
Bruemmer ist 1911 als Nachfahre deutscher Aristokraten im russischen
Zarenreich zur Welt gekommen, nach der Oktoberrevolution in
Deutschland und vornehmlich der Schweiz aufgewachsen und aus
gesundheitlichen Gründen in den 1960er Jahren in die westlich von
Lissabon gelegenen Region Colares übergesiedelt. Dort angekommen
fing er zunächst an Araberpferde zu züchten. Mit großem Erfolg!
Nach einer schweren (und gut überstandenen) Operation im Jahr 2006
entschloss er sich, bzw. erpendelte er sich (so wird es zumindest
kolportiert), ins produzierende Wein-Business einzusteigen. Seitdem
produziert er unter Mithilfe seinen Winemakers António Figueiredo
aus drei kleinen Weingärten in der vom kühlenden Atlantikklima
geprägten Region Colares Weine aus Ramisco, Malvasia, Arinto,
Chardonnay … und natürlich Pinot Noir! Vor eingen Wochen ist von
Bruemmer 105jährig von uns gegangen. Anlass genug ihm zu Ehren
meinen ersten portugiesischen Pinot Noir überhaupt zu verkosten.
Farblich präsentierte sich der Pinot
Noir 2011 von Casal Santa Maria sehr transparent, strahlend
jugendlich und mehr ins Granat als in Rubin gehend. Seine Viskosität
wirkte sehr leicht-flüssig und „luftig“ auf mich. Die Nase war
die ersten Stunden von recht viel getrocknetem Rauchfleisch, Piment,
salzige Seebrise (die Reben stehen fast im Atlantik), ganz wenig Gummireifen und sehr zurückhaltender
geeistem Ruhmtopf ohne Anklänge von starker Hitze oder gar Alkohol.
Seine dunkle Beerenfrucht schien durchweg eher schüchtern und noch
von seinem sehr jungen Alter geprägt. Insgesamt wirkte die Nase die
ersten drei Stunden sehr straff, ernst, etwas abweisend und spannend intensiv.
Nach einigen Stunden Belüftung wurde seine Salzigkeit immer krasser
und begeisternder, das Rauchfleisch nahm glücklicherweise stetig ab, eine sehr
knackige Piment-Nelken-Pfeffer Würze stellte sich zunehmend ein, dazu etwas
Tonkabohne sowie Zitronenmelisse und von Seite der Fruchtaromen mehr
und mehr Noten die mich an Pflaumen und Cassis erinnerten. Am Gaumen fiel
mir zunächst seine sehr straffe, lebendige und fast schon scharfe
Säure auf. Diese brauchte zwei bis drei Stunden um sich zu
zivilisieren. Auch das schon bekannte Rauchfleisch und seine enorme
Salzigkeit, schüchteren dunkle Beeren und die insgesamt sehr
ausgeprägte Ernsthaftigkeit des Weines machten sich die ersten zwei
bis drei Stunden eindeutig bemerkbar. Von übermäßiger Wärme oder Alkohol war zu keinem Zeitpunkt irgendetwas zu spüren. Irgendwie erinnerte er mich
in der Anfnagsphase ein wenig sehr an einen "milderen" und feiner strukturierten
Ramisco. Nach einigen Stunden (und am Folgetag) stellten sich eine gewisse
kernige Weichheit, beträchtliche Eleganz, immer salziger-jodiger werdende
mineralische Anklänge (inkl. Spuren von Algen) ein. Auch die
Fruchtaromen von Pflaumen, Schwarzkirschen, Cassis und einem Hauch
Hagebutte (wahrscheinlich komplett eingebildet) konnten nun mehr als genügend zurückhaltende Expression und Substanz aufzeigen. Ein für mich sehr überraschender und
fesselnder Wein mit hohem Spannungspotential. Da ist noch viel Entwicklungspotential (positiv gemeint) vorhanden. Doch anständige **** bis fast schon sehr anständige ***** Qualitäten konnte er für mich jetzt schon aufzeigen.
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