Anhand des oberhalb befindlichen Fotos
dürfte es für das informationsvernetzungsfähige Auge nicht all zu schwer zu erraten sein
was heute Abend von Wichtigkeit ist!!! Trotz aller anstehender und
unausweichlich triumphal-freudvoller Zerstreuung, welche auf den
Schlachtfeldern von Twickenham und natürlich auch dem hier
vorherrschenden schwäbischen Suburbia zur Geburt gebracht werden
wird, soll auch heute Abend mal wieder "Pinot weit weg" im Mittelpunkt des
Geschehens stehen! Zu Ehren des alten und des auf's unausweichlichste
neuen Rugby Union Weltmeisters gibt es heute Abend einen leider mangels vorhandener Auswahl
viel zu jungen Pinot Noir von einem mehr als nur soliden Erzeuger von
Chardonnay und Pinot Noir basierten Weinen aus dem "Land der langen
weißen Wolke“. Schon seit 1978 betreibt die Familie Finn in der
kleinen Weinbauregion Nelson an der Nordspitze der Südinsel das Weingut Neudorf Vineyards. Zu Anfangs wurde viel mit heute eher für die Region exotisch
anmutenden Rebsorten wie Chenin Blanc und Cabernet Sauvignon experimentiert. Sicherlich misslang auch so einiges.
Doch heute, mit über 30 Jahren Erfahrung, haben sich die Weine aus
Burgunder Rebsorten von Judy und Tim Finn zu den begehrtesten Gewächsen ihrer Gattung im gesamten
Lande gemausert.
Mein heutiger Pinot Noir namens Tom's
Block aus dem Jahr 2012 stammt von Traubengut das auf mehrheitlich
tonhaltigen Moutere Kies Böden und zu einem kleinen Teil (ca. 10%) auf Waimea
Kies Schwemmböden kultiviert wurde. Aufgrund widriger
Wetterverhätnisse in Frühling und Sommer fiel die Ernte im Jahr
2011/2012 eher überschaubar aus. Dank eines darauf folgenden Indian
Summers (oder im übertragenen Sinne eines „Goldenen März“) konnten die Finn's zwischen dem
4. April und 1. Mai sehr viel-versprechende Qualitäten lesen. Nach
der Ernte durchlief das Traubengut eine kurzzeitige macération à
froid, danach wurde entrappt um anschließend mit eigenen Hefen in
offenen Holzbottichen bei maximalen 32° C vergoren zu werden. Der Ausbau in 25%
neuem, sowie 75 % gebrauchten, französischem Holz dauerte dann noch
weitere zehn Monate. Genug der trockenen und wie meist zu langatmigen
wirr-faselichen „Vorfreude“! Jetzt wird es etwas flüssiger …
Die visuellen Ausstrahlungen des Tom's
Block Pinot Noir 2012 von Neudorf Vineyards erinnerten mich stark an
jugendlich wirkendes chatoyance'iges Rubinrot das sich bis hin zum
äußersten Rand der Korona erstreckte.
In der Nase verspürte ich zunächst
eine ganze Ansammlung von Kräutern und eine zurückgefahren
prägnanten zedrig wirkenden Holzigkeit. Die Kräuter erinnerten mich
sehr stark an getrockneten Salbei, Hagebutte, etwas Tannenreisig und
mit fortschreitender Erschnüffelungsdauer mehr und mehr an korsisch
garrigue'eske Würzigkeit. Der sehr markante holzige, aber nicht so
wirklich störende, Eindruck vermochte es, sich mit den Stunden dem
gesamte Geruchsbild unterzuordnen und nicht mehr so sehr ins Gewicht
zu fallen wie er es in den ersten 30 Minuten tat. Nach einer guten halben
Stunde entfalteten sich die Fruchtaromen immer mehr.
Insbesondere saftige, reife rote Kirschen und ein Hauch herber
Orangenmarmelade prägten meinen nasalen Fruchteindruck. Alles in
allem machte der Tom's Block für einen Pinot von der Südinsel Neuseeland's
einen sehr kühlen, alkoholfernen und bestechend herb-würzigen Eindruck
auf mich.
Am Gaumen zeigten sich von Beginn kräftige Aromen die mich
an tonhaltige braune Erde, einem Hauch hochprozentiger
Milchschokolade und ein Potpourri an getrocknete sehr herb wirkende Kräuter, wie
Salbei, Thymian, einer Spur Eukalyptus und Hagebutte respektive
vielleicht maulbeeriger Hagebutte, erinnerten. Auch ein schwacher
Unterton an Karamell, welcher mir nicht ganz so zusagte, hielt sich
von Beginn an die ersten beiden Stunden. Dann verflüchtigte er sich glücklicherweise immer mehr. Von Seiten der Frucht
steuerte der Gaumen von meinem nasalen Kirscheindruck weg hin in
Richtung wunderbar ernsthaft reifer und saftiger Himbeeren welche mit etwas Pflaumesmoothie-Eindrücken untermalt wurden.
Das zedrig wirkende Holz war und ist auch am Gaumen spürbar. Bis
jetzt, ca. vier Stunden inkl. kurzzeitiger Karaffierung nach Aufdrehung der Flasche, konnte es sich
noch nicht in dem Maße unterordnen, wie es mir sicherlich mehr gefallen würde.
Doch die Kraft seines Körpers lässt mich sehr gerne vermuten, dass in
wenigen Jahren das Holz wesentlich besser ein-balanciert sein dürfte.
Ein weiterer Eindruck, der in Verbindung mit „Tom's“ Jugend
stehen dürfte, ist sein sehr feinsandiges, aber dennoch sehr
griffiges, Tannin, das ein ungewöhnliches und weiter nicht abträgliches
Mundgefühl bei mir hinterließ. Sandstrahliges Tannin könnte eine
verständlichere Umschreibung sein. Vielleicht auch nicht!?
Bezüglich seiner Länge und seiner Druckhaftigkeit hatte und habe
ich keinerlei Grund mich beklagen zu müssen. Auch Attribute wie
dralle Überfruchtung und ätherisierender Alkohol (13,5 %), wie ich es leider
bei nicht wenigen Pinots von der Südinsel schon durchleiden durfte,
waren beim Pinot von Neudorf überhaupt kein Thema. Soweit handelte
es sich beim Tom's Block 2012 für mich um einen mir sehr gefallenden,
ernsthaft wirkenden, sicherlich noch sehr herb jugendlichen Pinot
Noir mit zweifelsohne sehr anständigen ***** Qualitäten der noch eine Weile auf entsprechende Flaschenruhe bestehen sollte.
Verkostet an einem trüb-sonnigen Tag
mit milden end-oktoberlichen Temperaturen unter bewusster Missachtung
des biodynamischen Kalenders mit einem Riedel Sommelier Burgundy
Grand Cru Glas.
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