Ein kleiner Rat vorab sei mir heute
ausnahmsweise gestattet! Dem an Wein interessierten Leser lege ich
dringend ans Herz die beiden folgenden Absätze unbedingt zu überspringen um
frei von jeglicher durch Alkoholkonsum genährter „Behinderung“
meinerseits in das eigentliche Thema der Post einzusteigen zu können.
Zur Erläuterung meiner Vorwarnung sollte ich anmerken, dass meine
eigene spezielle durch Faulheit geborene Methodik des NichtKürzens,
des NichtKorrigierens und nicht auf Sinnhaftigkeit Prüfens sicherlich zutiefst fragwürdig ist und gewisse Probleme hervorrufen mag. Probleme im Sinne von
nichtendenwollender Herumschwafelei und noch mehr. Doch wie es nun mal so ist, ist es eben so! Und das ist auch gut so ;-). Also demnach, lieber
springen ...
Ich nehme an, die durch angenehme
Alkoholintoxikation heraufbeschworene Freude und ein damit
manchmals einhergehendes durchdringendes, freudiges und erhebendes „Wohlseinsgefühl“, im heutigen
Falle meine freudigen Gefühle, sind ein nicht zu unterschätzendes
und höchst subjektives Qualitätsmerkmal für einen Wein. Warum ich
diesen durchaus etwas eigen anmutenden Satz, was bei mir ja sehr
selten vorkommen mag, allem voranstelle, hängt wohl damit zusammen,
dass ich schon lange, also doch immerhin seit mehreren Monaten, nicht
mehr so ein angenehmes und psychisch wie physisches durchdringendes
„Wohlseinsgefühl“ beim konsumieren eines Weines erleben durfte.
Jedem, vom Wein besessenen, dürfte hin und wieder das Gefühl nicht
fremd sein - nehme ich dreisterweise zumindest an -, zwar einen großartigen Wein zu verkosten und auch
sicherlich zu schätzen, aber auf der Gefühlsebene nicht wirklich
einen Zugang zu finden oder sogar ein, von mir aus, wahrhaftiges
„Wohlseinsgefühl“ mit diesem Wein zu entwickeln. Mein heutiger
Wein hat mir diesen speziellen Zugang, obwohl er in meinen Augen
nicht mal ganz ein fantastischer Wein war, zu solch einem
„Wohlseinsgefühl“ ermöglicht. Aber genug davon. Schmalziger
sollte ich wirklich nicht werden ohne den eigentlichen Wein überhaupt
erwähnt zu haben! Welcher Wein ist es denn nun …?
Na ja, wie man es bei mir erwarten
dürfte, hat ein Pinot Noir solche bei mir seltenen Effekte
ausgelöst. Einen Pinot Noir aus einer Region der Welt die all zu
gerne mit klischeehaften und stereotypisch ausformulierten
Einstellungen, selbstverständlich durchweg stets negativ
konnotierten, überhäuft wird. Ich erlaube mir, was den heutigen
Wein betrifft, anzunehmen, dass dieser über ein sehr hohes Vermögen
verfügt, solche, meiner Meinung nach ignoranten Einstellungen,
hinwegzufegen. Damit will ich nicht zum Ausdruck bringen, dass dieser
Wein repräsentativ für eine Weinregion oder gar einen ganzen
„Weinstaat“ stehen soll. Natürlich gibt es in Kalifornien, das
ist der Ort auf den ich schwaflerisch vorbereiten möchte und ständig unerwähnt lasse, genügend
Durchkonzipierten-(UndVonMirAusAuch)-Industrialisierten-Alko-Pop-Marmeladen-Weine!
Ohne Zweifel! Die gibt es aber auch zur genüge aus heimatlichen
Gefilden (was die heutige Rebsorte betrifft)! Um das Vorstellen von Weinen, die für ganze Weinregionen
stehen sollen geht es mir aber nicht! In letzter Konsequenz, gepaart mit
ernstzunehmender Aufrichtigkeit, geht es mir eigentlich um rein gar
nichts! Wer bin ich den sowas von mir zu verlangen ...!? Und dennoch möchte ich hin und wieder Weine thematisieren,
wie es vielleicht dem einen oder anderen aufgefallen ist, die es
möglicherweise vermögen solche festgefahrenen Einstellung und
Meinungen etwas aufweichen zu können oder zumindest in
frage zu stellen. Jetzt reicht es aber wirklich mit meinem
Herumgeschwafel!!! Und nochmals, welcher Wein ist es denn nun …?
So! Es ist soweit … endlich Wein!
Mein heutiger „Pinot weit weg“ kommt aus der Santa Maria Valley
AVA nord-westlich von Santa Barbara. Hergestellt wurde er von Arcadian
Winery. Einer der bestrenommierten Pinot Noir Produzenten der
südlichen Central Coast. Joe Davis, der Gründer und Weinmacher bei
Arcadian, bekennt sich zu burgundischen Traditionen, was auch immer
das inhaltlich im Detail bedeuten mag aber unschwer an seinen verwendeten Korken
und deren Bedruckung (siehe Foto unten) feststellbar ist, und ist ein ergebener Freund der
Weine, insbesondere des Clos de la Roche, der Domaine Dujac.
Das Traubengut des Dierberg Vineyard
Pinot Noir 2006 stammt aus dem gleichnamigen im Jahr 1997 angelegten
Weinberg der Familie Dierberg. ... Hierzu sei angemerkt, dass Arcadian
seine Trauben von Weinbergen unterschiedlicher Familien und
Weinbauern bezieht, aber selbst über keine Weinberge verfügt. Aus
dieser in Kalifornien recht verbreiteten Praxis sollte man lieber
nicht auf generell minderwertiges zugekauftes Traubengut schließen.
Die würde entschieden zu kurz greifen ... Aber nun weiter im Text und lieber nicht
wieder ins Geschwafel abgleiten! - Auf dem gen Süden gerichteten
Weinberg herrschen von Meeressedimenten durchsetzte sandig-lehmige Tonböden vor.
Die für diesen Wein verwendeten Klone erweisen sich als erstaunlich unterschiedlich.
Neben den weit verbreiteten Dijon Klonen 115, 667 und 777, und dem
altbekannten fruchtigen Martini Klon werden hier auch Champagner Klone, in dem
Fall 31, angebaut. Letzterer wurde mit dem mit Ziel angepflanzt höhere Säurewerte für diese spezielle Art von Unterlage zu erreichen. Ob die sehr ansprechende und balancierte Säure im Dierberg Vineyards Pinot nur auf diese weise erreicht wurde oder doch Aufsäuerung von Nöten war entzeiht sich meiner Kenntnis. Geerntet wurden Trauben zur frühen Morgenstunde am 22.
und 29. September 2006, anschließend einer schon fast frostigen
Mazeration bei ca. 7 C ausgesetzt, in offenen Holzbottichen vergoren
und anschließend für 26 Monate in 50 % neuen Sirugue
„extra dichten“ Eichenholzfässern ausgebaut. Geschönt
und Gefiltert wurde nichts. Und jetzt, jetzt endlich kommt es …
Der Dierberg Vineyard Pinot Noir 2006
von Arcadian zeigte in visueller Hinsicht ein schönes und leicht
fahl wirkendes Rubinrot mit durchdringender Transparenz und bis auf
einen erwähnenswerten Wasserrand kaum Verfärbungen am Rande.
Die ersten länger anhaltenden Momente
zeigten sich in der Nase wunderbar ausgereifte und klare Aromen von
Himbeeren, schüchterne Ausprägungen von Brombeeren, leicht florale
Züge, sowie Anklänge von Limonen, einem Hauch Backpulver und von
der gemüsigen Seite kommend ein Spur an Rübensaft. Schon hier
zeigte sich seine erwähnenswerte Präzision und etwas streng-seriöse
Art die später, so ca. nach zwei Stunden, mit Düften die an
Sanddorn, Unterholz, braunen Blättern, etwas Trockenfleisch,
verhältnismäßig viel Holzkohle, raffinierter Vanille und
vielleicht einer Spur Wacholder ausgebaut wurden. Auf dem Höhepunkt
der diesmaligen Verkostung zeigte sich die Frucht gleichbleibend,
aber noch etwas integrativer, und die floralen Eindrücke ein wenig
auf dem Rückzug.
Am Gaumen wirkte der Wein die erste
Zeit ebenfalls noch recht elegant französisiert reserviert. Die gemüsigen Züge
gaben die erste Stunde den Ton an. Danach wachten die Aromen welche
an reife Himbeeren und weitere Waldbeeren erinnerten so langsam auf.
Diese erinnerten zu keiner hundertstel Sekunde an lästig-süße
Gaumenschmeichler, ein beschreibender Ausdruck dem ich rein gar
nichts abgewinnen kann, oder an fruchtigen Brotaufstrich. Trotz
seiner zurückhaltenden Art die ersten ein bis zwei Stunden war mir
schon ab der ersten Minute klar – da kommt noch was! Und so sollte
es sich auch zutragen. Ab Stunde zweieinhalb bis drei wurden die
Fruchtaromen wesentlich raffinierter, saftiger uns ausgewogener. Die
Waldbeeren dürften zu diesem Zeitpunkt klar im Vordergrund gestanden
haben. Auch kühl anmutende Pflaumenaromen spielten eine gewisse
Rolle. Dazu gesellten sich tendenziell leise Aromen die an Leder, Pancetta,
Karamell und Sanddorn erinnerten. Ab Stunde drei bis vier nahm der
Druck am Gaumen immer mehr Fahrt auf und hinterließ eine
beeindruckende Länge und mineralisch-bissig-beeindruckende
Komplexität. Doch die Balance zwischen kühl wirkenden fruchtigen
Komponenten und tiefgründiger mineralischer Prägung machten den
Genuss des Weines aus. Sein, zwar sehr feinkörniger, Gerbstoff
sollte vielleicht noch etwas Entwicklungszeit zugestanden werden.
Dann könnte dieser Pinot von Arcadian fantastische Eindrücke in mir
hinterlassen. Bei dieser Verkostung traute ich mir das Überspringen
diese Hürde nicht zu. Doch sehr anständig ***** war er für mich
mehr als nur allemal! Ach ja, bevor ich es vergesse! Die auf dem Foto
gut lesbaren 14 Volt stellten für mich in diesem Fall zu keinem
Zeitpunkt ein Problem dar. Die Integration machte den Unterschied!
No comments:
Post a Comment