Mit
der heutigen Post dringe ich in eine französische Region vor die
mir landschaftlich und kulturell sehr gut gefällt. Im Bezug auf Wein
bereitet die Loire mir manchmal Kopfschmerzen. Nicht nur im
übertragenen Sinn. Sauvignon Blanc und Kopfschmerzen scheinen in
meinem persönlichen System ganz gut miteinander auszukommen. Nun ja,
so oft trinke ich Weine dieser Rebsorte sowieso nicht und
schlussendlich ist der heutige Wein nicht aus diesem
Hangover-Verstärker produziert worden, da es sich um einen Wein aus
Montlouis-sur-Loire
handelt.
Die Rebsorte, dieser dem Vouvray etwas ähnelnden Appellation, ist
Chenin
Blanc!
Und der heutige Wein war WIRKLICH ein (spezieller) Chenin Blanc.
Leider steckt hinter diesem Wein auch eine traurige Geschichte! Der
Vater des Weines, Stéphane Cossais, ist im Sommer 2009 mit Anfang
Vierzig recht jung verstorben und daher gibt es sein Weingut in
dieser Form seitdem leider nicht mehr. Leider in jeglicher Hinsicht!
Alle wenigen Weine, die ich von ihm verkosten konnte, fand ich stets
wunderbar balanciert,
sehr charakterstark, von spezieller Eleganz und meistens sehr
inspirierend.
Und das alles obwohl ich mit Chenin Blanc nur sehr selten etwas
anfangen kann! Ich meine, dass dieser unglückliche Zustand des
"Nichtanfangenkönnens", auf so manche Balance und Alkohol
Probleme bei besagter Rebsorte zurückzuführen ist. Wie auch immer
…! Mein Problem eben …! Weiter! Das schon eben erwähnte
„inspirierend“ traf auf den Clos
aux Renards
2006 in besonderer Weise zu. Soviel darf ich vorwegnehmen: ein wahrer
Freak
mit bestechenden Qualitäten!
Zu
Beginn, bezüglich der Farbe, konnte ich nichts weiter Ungewöhnliches
feststellen. Er zeigte sich klar, arm an Schwebeteilchen und die
altersbedingten Verfärbungen tendierten schon ein wenig in Richtung
strohgelb.
Doch
die Nase zeigte gleich in welche Richtung dieser Abend gehen würde.
Sofort meinte ich ein sehr diffiziles, leicht anstrengendes, trotz dem etwas
fortgeschrittenem Alters ein sehr frisches, komplexes und kräftiges Weinerlebnis erwarten zu dürfen. Bei den Düften, die
sich über die Stunden hinweg immer wieder änderten, betreibe ich
heute reines Impressiondropping: nur leicht mostig wirkende
rote Äpfel, gelbe Zitronenschalen (später mehr grüne), Spuren von
Trockenwaschmittel, verhaltenen ins Gemüse gehende Noten von
Auberginenhaut, Wacholder und sehr frischem kaltem Sauerkraut, Sesam,
ganz leichtem Honig, zu Anfangs gar nicht so wenig Petrol, trockenes
Heu, viel Rauch (mit der Zeit abnehmend), Kreide (!?), Kokosnuss und
weitere vom Holzausbau abstrahlenden Eindrücken. Der Holzcharakter
war nasal und oral vorhanden, aber für mich auf eine sehr passenden,
eingebundenen und eleganten Art und Weise.
Die
geschmacklichen Eindrücke waren nicht durchgehend mit dem Bouquet
deckungsgleich. Die gemüsigen Eindrücke wurden glücklicherweise
durch den Gaumeneindruck nicht bestätigt. Die Fruchtkomponenten
kamen mir etwas aufgeprägter, reifer und kräftiger vor. Darüber
hinaus konnte der aux Renards mit einer feste „Salzigkeit“ und
einer weitergehenden intensive mineralische Tiefe auftrumpfen. Auch
ein Hauch von feiner Cremigkeit und die sukzessiv abbauende
Rauchigkeit (und Rauigkeit) trugen zu einem sehr beeindruckenden
Gesamtbild bei. Für mich persönlich, wegen meinem schon erwähnten
"Nichtanfangenkönnens", gefiel besonders der
relativ niedrige, sehr vorteilhaft balancierte und überhaupt nicht
im Vordergrund stehende Alkohol (13%). Balance, Abwechslung und
wilder Facettenreichtum machen für mich diesen Wein, trotz seiner
teilweise extremen, etwas rüpel'igen und freakigen Anklänge, aus!
Er verfügte über Kraft und Eleganz, Frische und feine
Alterungsnoten, ruppige Herbe und „seidige“ Geschmeidigkeit,
reife Frucht und sehr viel mineralische Anklänge usw. … und ein
sehr anständiger, lang anhaltender und sich um sich selbst windender
Abgang.
Wie
ich in diesem Text jetzt schon übermäßig erwähnt habe, sind Weine
aus Chenin Blanc meistens nicht mein Ding! Das gebe ich sehr gerne
und offen zu! Auch bei diesem Wein von Stéphane Cossais könnte ich
hie und da ein wenig herumnörgeln. Dann würde ich aber an
Eigenschaften herangehen, die man von dieser Rebsorte nicht lösen
kann und meiner Meinung natürlich auch nicht sollte, da es sich nun
mal doch, auch bei allem Relativismus, um rebsortentypische
Eigenschaften handelt. Herumnörgeln ist heute nicht nötig! Wenn ein
bekennender Chenin Blanc Miesepeter wie ich diesen Wein als sehr
anständig ***** erachtet hat und überaus schätzen konnte, kann das schon etwas heissen. Ich weiss nur nicht was ;-)! Trotz aller Begeisterung sollte nicht
unerwähnt bleiben, dass das Polarisierungs-Potential beim aux Renards sehr
verlässlich ist! Der Preis erweist sich wiederum als sehr
experimentiermotivierend!
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