21.2.13

Domaine Stéphane Cossais Clos aux Renards 2006, Montlouis-sur-Loire



Mit der heutigen Post dringe ich in eine französische Region vor die mir landschaftlich und kulturell sehr gut gefällt. Im Bezug auf Wein bereitet die Loire mir manchmal Kopfschmerzen. Nicht nur im übertragenen Sinn. Sauvignon Blanc und Kopfschmerzen scheinen in meinem persönlichen System ganz gut miteinander auszukommen. Nun ja, so oft trinke ich Weine dieser Rebsorte sowieso nicht und schlussendlich ist der heutige Wein nicht aus diesem Hangover-Verstärker produziert worden, da es sich um einen Wein aus Montlouis-sur-Loire handelt. Die Rebsorte, dieser dem Vouvray etwas ähnelnden Appellation, ist Chenin Blanc! Und der heutige Wein war WIRKLICH ein (spezieller) Chenin Blanc. Leider steckt hinter diesem Wein auch eine traurige Geschichte! Der Vater des Weines, Stéphane Cossais, ist im Sommer 2009 mit Anfang Vierzig recht jung verstorben und daher gibt es sein Weingut in dieser Form seitdem leider nicht mehr. Leider in jeglicher Hinsicht! Alle wenigen Weine, die ich von ihm verkosten konnte, fand ich stets wunderbar balanciert, sehr charakterstark, von spezieller Eleganz und meistens sehr inspirierend. Und das alles obwohl ich mit Chenin Blanc nur sehr selten etwas anfangen kann! Ich meine, dass dieser unglückliche Zustand des "Nichtanfangenkönnens", auf so manche Balance und Alkohol Probleme bei besagter Rebsorte zurückzuführen ist. Wie auch immer …! Mein Problem eben …! Weiter! Das schon eben erwähnte „inspirierend“ traf auf den Clos aux Renards 2006 in besonderer Weise zu. Soviel darf ich vorwegnehmen: ein wahrer Freak mit bestechenden Qualitäten!



Zu Beginn, bezüglich der Farbe, konnte ich nichts weiter Ungewöhnliches feststellen. Er zeigte sich klar, arm an Schwebeteilchen und die altersbedingten Verfärbungen tendierten schon ein wenig in Richtung strohgelb.



Doch die Nase zeigte gleich in welche Richtung dieser Abend gehen würde. Sofort meinte ich ein sehr diffiziles, leicht anstrengendes, trotz dem etwas fortgeschrittenem Alters ein sehr frisches, komplexes und kräftiges Weinerlebnis erwarten zu dürfen. Bei den Düften, die sich über die Stunden hinweg immer wieder änderten, betreibe ich heute reines Impressiondropping: nur leicht mostig wirkende rote Äpfel, gelbe Zitronenschalen (später mehr grüne), Spuren von Trockenwaschmittel, verhaltenen ins Gemüse gehende Noten von Auberginenhaut, Wacholder und sehr frischem kaltem Sauerkraut, Sesam, ganz leichtem Honig, zu Anfangs gar nicht so wenig Petrol, trockenes Heu, viel Rauch (mit der Zeit abnehmend), Kreide (!?), Kokosnuss und weitere vom Holzausbau abstrahlenden Eindrücken. Der Holzcharakter war nasal und oral vorhanden, aber für mich auf eine sehr passenden, eingebundenen und eleganten Art und Weise.



Die geschmacklichen Eindrücke waren nicht durchgehend mit dem Bouquet deckungsgleich. Die gemüsigen Eindrücke wurden glücklicherweise durch den Gaumeneindruck nicht bestätigt. Die Fruchtkomponenten kamen mir etwas aufgeprägter, reifer und kräftiger vor. Darüber hinaus konnte der aux Renards mit einer feste „Salzigkeit“ und einer weitergehenden intensive mineralische Tiefe auftrumpfen. Auch ein Hauch von feiner Cremigkeit und die sukzessiv abbauende Rauchigkeit (und Rauigkeit) trugen zu einem sehr beeindruckenden Gesamtbild bei. Für mich persönlich, wegen meinem schon erwähnten "Nichtanfangenkönnens", gefiel besonders der relativ niedrige, sehr vorteilhaft balancierte und überhaupt nicht im Vordergrund stehende Alkohol (13%). Balance, Abwechslung und wilder Facettenreichtum machen für mich diesen Wein, trotz seiner teilweise extremen, etwas rüpel'igen und freakigen Anklänge, aus! Er verfügte über Kraft und Eleganz, Frische und feine Alterungsnoten, ruppige Herbe und „seidige“ Geschmeidigkeit, reife Frucht und sehr viel mineralische Anklänge usw. … und ein sehr anständiger, lang anhaltender und sich um sich selbst windender Abgang.



Wie ich in diesem Text jetzt schon übermäßig erwähnt habe, sind Weine aus Chenin Blanc meistens nicht mein Ding! Das gebe ich sehr gerne und offen zu! Auch bei diesem Wein von Stéphane Cossais könnte ich hie und da ein wenig herumnörgeln. Dann würde ich aber an Eigenschaften herangehen, die man von dieser Rebsorte nicht lösen kann und meiner Meinung natürlich auch nicht sollte, da es sich nun mal doch, auch bei allem Relativismus, um rebsortentypische Eigenschaften handelt. Herumnörgeln ist heute nicht nötig! Wenn ein bekennender Chenin Blanc Miesepeter wie ich diesen Wein als sehr anständig ***** erachtet hat und überaus schätzen konnte, kann das schon etwas heissen. Ich weiss nur nicht was ;-)! Trotz aller Begeisterung sollte nicht unerwähnt bleiben, dass das Polarisierungs-Potential beim aux Renards sehr verlässlich ist! Der Preis erweist sich wiederum als sehr experimentiermotivierend!

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