7.10.13

Domaine Pierre Matrot Blagny 1er Cru La pièce sous le Bois 2004



Manchmal ist es ganz gut sich gegenüber zu starren selbstinduzierten Vorhaben ein wenig hinwegzusetzen! Das starre Vorhaben meinethalben besteht darin nie (bzw. immerhin so gut wie nie) über deutsche Rieslinge, Weine aus dem Bordeaux und sogar über Weine aus meinem geliebten Burgund in diesem Blog zu schreiben. Warum? Ganz einfach! Über diese Regionen gibt es soviele Meinungen, Beiträge, Expertisen usw. - da braucht es nicht auch noch meinen unqualifizierten Senf! Was die Post-Headliner betrifft ist mir dieses Vorhaben fast immer gelungen. Abgesehen von einem begeisternd und ungewöhnlichen Burgunder aus Nuits-St.-Georges und etwas Riesling aus dem Rheingau. Als „Nebendarsteller“ habe ich sicherlich den einen oder anderen aus diesen zu vermeidenden Regionen in so manche Post gerne mit eingeschmuggelt. Soviel sollte ich wohl zugeben!

Warum diese Vorrede? Zum einen, weil dieser "Nicht-Wirklich-Zustand" schon manchen Lesern aufgefallen ist und zum Nachfragen anregte und zum anderen hat es damit zu tun, dass ich heute persönliches Weinneuland an der Côte d'Or betreten möchte. Letztlich möchte ich mit meinem Vorgefasel diesen "Verstoß" mir gegenüber rechtfertigen  ;-)

Jetzt aber weiter zu den hoffentlich etwas interessanteren Teilen der Post! Das persönliche Neuland heißt Blagny! Blagny ist eine sehr kleine AOC (Appellation d'origine contrôlée) zwischen den weltberühmten Dörfern Meursault und Puligny-Montrachet. Auf nicht einmal 5 ha werden in dieser Appellation Pinot Noir Trauben angebaut. Kein Wunder, dass es sich nie zuvor für mich ergeben hat einen Blagny Wein verkosten zu dürfen. Zum besseren Verständnis sollte noch erwähnt werden, dass sich die Bezeichnung Blagny nur auf Rotweine in der knapp gefassten Umgebung um den Weiler Blagny bezieht. Weissweine aus den sieben Premier Cru Lagen werden durchweg entweder als Puligny-Montrachet oder Meursault ausgezeichnet. Tja, das wunderbar komplizierte Burgund! Mit weiterführenden Randinformationen verschone ich euch lieber ...

Der tatsächliche Wein meines "Neulandsbetritt" ist der Blagny 1er Cru La pièce sous le Bois 2004 von der Domaine Pierre (Thierry et Pascale) Matrot in Meursault. Dieser wurde von durchschnittlich 30 Jahre alten Reben erzeugt, komplett entrappt, nur teilweise angequetscht und im Holz für 8 bis 15 Tage mit natürlichen Hefen vergoren. Darauf folgte der Ausbau für ca. 11 Monate in 20% neuem Holz (Rest Mehrbelegung). Wie das Foto schon verrät hat sich zu meinem "Neulandswein" ein vertrauteres Gesicht aus der Pfalz gesellt. Schaun wir mal wie sich die beiden Kleinen vertragen haben …


Die Farbe des La pièce sous le Bois erschien mir etwas trübe, generell von hellerer Art und schon weit über die Korona hinaus stark gebräunt. Die Nase zeigte sehr elegante und fruchtbetonte Eingenschaften welche mit etwas ungewöhnlichen, aber sehr feinen, rauchig-würzigen-holzkohl'igen Noten untermalt wurden. Die Frucht, in erster Linie von Himbeeren geprägt, wirkte frisch und leichtfüßig, jedoch gleichzeitig erstaunlich reif und etwas quetsch'ig bräunlich. Natürlich durfte bei diesem Climat-Namen und Jahrgang eine eindeutige Tendenz hinzu Düften des Unterholzes nicht fehlen. Diese war kräftig, doch keinesfalls überproportional. Mir kam diese tiefgehende mineralische Charakteristik ein wenig jugendlich und grünzweigig vor. Also eher frisches Unterholz mit sehr kleinen Anklängen von Unreife. Was bezüglich dieses Jahrgangs auch nicht weiter verwunderlich war. Trotzdem empfand ich das Nasenspiel ziemlich beeindruckend und sehr animierend. Der Geschmack offenbarte eine gewisse, nicht aus dem Ruder laufende, 2004er-Strenge. Diese paarte sich natürlich sehr gut mit manchen etwas hkernig anmutenden Unterholzaromen. Angenehmerweise vermochten es saftige, runde und ein klein wenig süße – hier absolut im positiven Sinn – Fruchtcharakteristiken einen sehr lebendigen und ausgleichenden Gegenpol zur Strenge darzustellen. Insgesamt wirkte die Fruchtcharakteristik sehr kühl, wunderbar balanciert und sehr lange anhaltend. Die Säure sowie Spuren vom Tannin präsentierten sich erwartungs- und jahrgangsgemäß: „quirlig munter“. Wirklich negative Ausreißer vom balancierten Gesamtbild konnte ich diesbezüglich aber nicht erschmecken. Zum Schluss der Beschreibung des La pièce sous le Bois möchte den vernommenen Hauch von etwas unreif anmutenden, an frisch abgebrochenen Birkenzweige erinnernde, Geschmäcklichkeiten nicht unterschlagen. Ich empfand diesen Ausdruck als sehr passend und angenehm. Für mich war diese „Neulandsbetretung“ fast, dazu gleich mehr, ein absolut erwähnenswerter und sehr anständiger ***** Erfolg. Mit dem schon erwähnten „fast“ möchte ich auf den Korken hinweisen. So ein trockenes Mistding habe ich noch fast nie in einem Flaschenhals vorgefunden! Das Ziehen bzw. Rauskratzen war ein wirkliches Vergnügen ;-). Daraus hat es sich auch ergeben, dass ich den Wein schneller trinken musste als es mir lieb war. Daher dieses mal keine Langzeit-Impressionen.

Der verständlicherweise noch recht jung wirkende Spätburgunder Steinwingert 2008 aus dem Hause Friedrich Becker zeigte sich sehr transparent, erstaunlich dunkel und etwas fahl in seinem farbigen Reichtum. Die Nase zeigte sich die ersten Stunden hinweg ziemlich zurückhaltend. Doch der seriös wirkende Unterbau von dunklen Beeren war von Anfang an zu spüren. Nach ca. vier Stunden zeigte sich ein typisch becker'isches Parfüm und ein Hauch medizinal ätherischer Herbe. Im Mund war vom ersten Kontakt eine typische draufgängerische kühle und gleichzeitig fruchtig-reichhaltige Hausstilistik spürbar. Die elegant und kühl wirkende dunkle Beerenfrucht gepaart mit ziemlich expressiven und herbstlichen Pilzaromen, vermochte es in mir ein gewisses Maß an Begeisterung zu entfachen. Ein Maß von Zufriedenheit wie er sich bei mir in Verbindung mit teutonischen Spätburgundern eher selten ergibt. Trotz aller Begeisterung konnte der Steinwingert hinsichtlich der Länge und Feingleidrigkeit des Abganges mit dem La pièce sous le Bois zu keinem Zeitpunkt mithalten. Auch eine gewisse Übervitalität und ganz leicht nervige Aufdringlichkeit möchte ich nicht verschweigen. Wie schon am Anfang erwähnt zeigte sich noch viel Jugendlichkeit in diesem Wein. Das Potential ist noch nicht ausgeschöpft! Trotz manchem Zipperchen ein immer noch sehr anständiges ***** Spätburgundererlebnis ohne die leider so oft vorkommenden überambitionierten Eigenschaften in vermeintlichen teutonischen Spitzen-Pinots. Ein Letztes soll ebenfalls noch erwähnt werden. Im Fall vom Steinwingert könnte es mir in den Sinn kommen, die kombinerten Begriffe Spätburgunder von Friedrich Becker und das Teil-Akronym passables PLV, hier erwähnen zu wollen! Schöner Wein!

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