Und weiter geht es mit noch einem kalifornischen Pinot Noir!
Dieses Mal aus etwas südlicheren Regionen. Auf halben Weg zwischen Los Angeles
und San Francisco liegt San Luis Opispo County. In diesem Landkreis befindet
sich neben Paso Robles die nördlichste AVA der kalifornischen Central Coast. Die AVA
Arroyo Grande Valley ist im Gegensatz zu anderen südlichen Central Coast AVAs kein
ausgesprochenes Pinot und Chardonnay Land. Doch Talley Vineyards ist einer der Betriebe dieser
Weinregion, die sich mit viel Erfolg an den beiden burgundischen Rebsorten seit Jahren bewähren konnten. Weinbau wird von der alt eingesessenen
Farmerfamilie Talley erst seit den 1970er Jahren, Pinot Noir seit 1986, betrieben. Seit einigen Jahren sogar
nach ökologischen Richtlinien. Zur Vergärung werden nur noch wilde Hefen
verwendet und Schönung wie Filtrierung werden nicht mehr praktiziert. Das
Traubengut für den heutigen Estate Pinot Noir des ziemlich kühlen Jahr 2008
stammt zu 78% aus dem berühmten Rincon Vineyard und zu 22 % aus dem Rosemary’s
Vineyard. Die Böden der beiden Weinberge sind geprägt durch Sand und Lehm. Ausgebaut
wurde der Wein für 17 Monate in 30% neuen und 70 % gebrauchten Barriques. Aus
irgendwelchen, und vielleicht übersteigerten, Gründen waren meine Erwartungen an diesen Wein sehr hoch. Nun ja, ich habe über verschiedenen Talley Pinots hier und
da durchaus Gutes gelesen, was mich als Cali Pinot Skeptiker,
neugierig gemacht hat. Dies mag wohl eine gute Erklärung für meine
Erwartungshaltung sein. Mal schauen ob diese Erwartungen zu hoch angesetzt
waren:
Die Farbe des Estate Pinot Noir erwies sich als weder recht
hell noch übermäßig dunkel. Für einen Central Coast Pinot Noir ein relativ normales
dunkles Rubin-Rot. Schwebeteilchen oder Altersverfärbungen konnte ich
eigentlich nicht erkennen. Nur der etwas breite Wasserrand verwunderte mich ein
wenig.
Die Nase zeigte sich in den ersten Stunden eher gelangweilt und mutlos. Nicht viel Leben, kaum Orientierung und
ganz sicher kein sonderlicher Ausdruck konnte ich feststellen. Irgendwie enttäuschend leblos
und diffus. Nach ca. vier Stunden begann die Nase etwas mehr Energie zu
entwickeln. Im Vordergrund konnte ich sehr verhalten parfümierte Düfte von
gebrannten Nüssen, Rauchfleisch, etwas Lebkuchen, dunklen Kirschen und
wahrscheinlich etwas mehr Tendenzen zu hellen Früchten wie Himbeeren und Erdbeeren erriechen. Trotz der
Entwicklung konnte ich nicht viel Anmut, Eleganz oder sonstig Betörendes
empfinden. Am zweiten Tag kam mehr präzise Himbeer- und Erdbeerfrucht raus,
leichte Pfeffrigkeit, leichter Rauch, weniger Wärme, Balance und sogar, ich konnte es
kaum glauben, eine gewisse schüchterne florale Eleganz. Trotz der für mich positiven
Entwicklung sollte und wollte der Funke nicht ganz überspringen.
Wie beim Bouquet konnte der Geschmack in den ersten Stunden
seine gelangweilte Stimmung kaum verbergen. Er war nicht sehr präsent, konnte
mit nicht sonderlich viel Lebendigkeit glänzen und erschien mir ziemlich
eindimensional - in Richtung undefinierbarer und austauschbarer Charakterschwäche. Sicherlich zeigten sich schon verhaltenen Anklänge von Erdbeeren, auch
einigen dunklen Kirschen, dunkler Schokolade, etwas würzigen Gebäck, Nüssen und
sehr milde Pilzaromen. Aber wirklich nicht sehr ausgeprägt! Zum Glück erwies sich der Estate schon vom Start weg als keinesfalls
gewaltig, draufgängerisch, marmeladenlastig, alkoholisch (aber gerade noch knapp unter der Alk-Limbostange hindurchgerutscht) oder überkonzentriert. Bis zu diesem Zeitpunkt waren
dies meine notierten Punkte auf der „Haben“seite. Wie das Wörtchen „schon“ in
den vorangegangenen Sätzen andeutet hat, gab es eine Entwicklung in Richtung
Mehr und Besser! Nach ca. fünf Stunden, aber eigentlich so richtig eher am zweiten Tage, kam mehr Ausdruck, Präzision und womöglich auch
ein wenig Anspruch im Geschmacksbild auf. Die Frucht hinkte nicht mehr so
gelangweilt und unentschlossen auf der Zunge herum. Viel mehr elegante Erdbeere
und schlanke Waldbeeren, sogar Tendenzen zu Zitrusfrüchten, betraten die Gaumen-Bühne.
Auch die mineralisch herbstlichen Komponenten und speisepilzlastigen Aromen
konnten mit mehr Ausdruck aufwarten. Vielleicht war die Süße der Frucht zu
diesem Zeitpunkt bzw. Höhepunkt für mich ein Tick zu viel. Auch der Alkohol machte sich etwas mehr spürbar. Doch in diesem Fall hatte ich
keine Probleme meine Überempfindlichkeit gegenüber Süße und Alkohol ein wenig zu vernachlässigen, da
sie sich nicht penetrant oder aufgesetzt präsentierten. Nun konnte auch der Abgang mich mit mehr Freude und Länge verwöhnen.
Zusammengefasst: Ich kann, für mich, ganz klar behaupten, dass in diesem Wein Potential steckt, da er eine sehr positive Entwicklung über ca. 30 Stunden gemacht hat. Wie lange dieses Potential auf der Flaschen zu halten ist, kann ich nicht wirklich sagen. Der Hauptgrund für meine Unsicherheit ist ein bis jetzt von mir nicht erwähnter Eckpfeiler von gutem Pinot Noir: die Säure! Trotz der positiven Entwicklung konnte ich mit ihrer Proportion nicht ganz „warm“ werden. Für mein Dafürhalten fehlte es ihr ein wenig an Spannung und Leben. Der Wein war zwar nicht mehr so gelangweilt wie am Anfang der Verkostung, doch gewisse Defizite in der Vitalität konnte ich leider nicht übersehen. Aus diesem Grund habe ich Probleme dem heutigen Pinot - nach meinem Bewertungsystem - als einen eindeutig sehr anständigen ***** Wein zu sehen. Klasse war ganz sicher vorhanden, aber ... so wie das mit dem Funken eben ist! Jetzt druckse ich natürlich übermäsig rum und kämpfe den aussichtslosen Kampf mit meinen nicht wirklich voll erfüllten, und wahrscheinlich überhöhten, Erwartungen. Eine total subjektive Feindifferenzierung ist mit meinem System wohl nicht erfüllbar. Ist mir jetzt aber auch Wurscht! Wahrscheinlich weil ich heute so unerträglich viel und gehaltloses Zeug geschrieben habe! Daher: sehr anständig ***** - so be it - Basta!!!
Zusammengefasst: Ich kann, für mich, ganz klar behaupten, dass in diesem Wein Potential steckt, da er eine sehr positive Entwicklung über ca. 30 Stunden gemacht hat. Wie lange dieses Potential auf der Flaschen zu halten ist, kann ich nicht wirklich sagen. Der Hauptgrund für meine Unsicherheit ist ein bis jetzt von mir nicht erwähnter Eckpfeiler von gutem Pinot Noir: die Säure! Trotz der positiven Entwicklung konnte ich mit ihrer Proportion nicht ganz „warm“ werden. Für mein Dafürhalten fehlte es ihr ein wenig an Spannung und Leben. Der Wein war zwar nicht mehr so gelangweilt wie am Anfang der Verkostung, doch gewisse Defizite in der Vitalität konnte ich leider nicht übersehen. Aus diesem Grund habe ich Probleme dem heutigen Pinot - nach meinem Bewertungsystem - als einen eindeutig sehr anständigen ***** Wein zu sehen. Klasse war ganz sicher vorhanden, aber ... so wie das mit dem Funken eben ist! Jetzt druckse ich natürlich übermäsig rum und kämpfe den aussichtslosen Kampf mit meinen nicht wirklich voll erfüllten, und wahrscheinlich überhöhten, Erwartungen. Eine total subjektive Feindifferenzierung ist mit meinem System wohl nicht erfüllbar. Ist mir jetzt aber auch Wurscht! Wahrscheinlich weil ich heute so unerträglich viel und gehaltloses Zeug geschrieben habe! Daher: sehr anständig ***** - so be it - Basta!!!
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