31.10.15

Neudorf Vineyards Tom's Block Pinot Noir 2012, Nelson




Anhand des oberhalb befindlichen Fotos dürfte es für das informationsvernetzungsfähige Auge nicht all zu schwer zu erraten sein was heute Abend von Wichtigkeit ist!!! Trotz aller anstehender und unausweichlich triumphal-freudvoller Zerstreuung, welche auf den Schlachtfeldern von Twickenham und natürlich auch dem hier vorherrschenden schwäbischen Suburbia zur Geburt gebracht werden wird, soll auch heute Abend mal wieder "Pinot weit weg" im Mittelpunkt des Geschehens stehen! Zu Ehren des alten und des auf's unausweichlichste neuen Rugby Union Weltmeisters gibt es heute Abend einen leider mangels vorhandener Auswahl viel zu jungen Pinot Noir von einem mehr als nur soliden Erzeuger von Chardonnay und Pinot Noir basierten Weinen aus dem "Land der langen weißen Wolke“. Schon seit 1978 betreibt die Familie Finn in der kleinen Weinbauregion Nelson an der Nordspitze der Südinsel das Weingut Neudorf Vineyards. Zu Anfangs wurde viel mit heute eher für die Region exotisch anmutenden Rebsorten wie Chenin Blanc und Cabernet Sauvignon experimentiert. Sicherlich misslang auch so einiges. Doch heute, mit über 30 Jahren Erfahrung, haben sich die Weine aus Burgunder Rebsorten von Judy und Tim Finn zu den begehrtesten Gewächsen ihrer Gattung im gesamten Lande gemausert.

Mein heutiger Pinot Noir namens Tom's Block aus dem Jahr 2012 stammt von Traubengut das auf mehrheitlich tonhaltigen Moutere Kies Böden und zu einem kleinen Teil (ca. 10%) auf Waimea Kies Schwemmböden kultiviert wurde. Aufgrund widriger Wetterverhätnisse in Frühling und Sommer fiel die Ernte im Jahr 2011/2012 eher überschaubar aus. Dank eines darauf folgenden Indian Summers (oder im übertragenen Sinne eines „Goldenen März“) konnten die Finn's zwischen dem 4. April und 1. Mai sehr viel-versprechende Qualitäten lesen. Nach der Ernte durchlief das Traubengut eine kurzzeitige macération à froid, danach wurde entrappt um anschließend mit eigenen Hefen in offenen Holzbottichen bei maximalen 32° C vergoren zu werden. Der Ausbau in 25% neuem, sowie 75 % gebrauchten, französischem Holz dauerte dann noch weitere zehn Monate. Genug der trockenen und wie meist zu langatmigen wirr-faselichen „Vorfreude“! Jetzt wird es etwas flüssiger …



Die visuellen Ausstrahlungen des Tom's Block Pinot Noir 2012 von Neudorf Vineyards erinnerten mich stark an jugendlich wirkendes chatoyance'iges Rubinrot das sich bis hin zum äußersten Rand der Korona erstreckte. 

In der Nase verspürte ich zunächst eine ganze Ansammlung von Kräutern und eine zurückgefahren prägnanten zedrig wirkenden Holzigkeit. Die Kräuter erinnerten mich sehr stark an getrockneten Salbei, Hagebutte, etwas Tannenreisig und mit fortschreitender Erschnüffelungsdauer mehr und mehr an korsisch garrigue'eske Würzigkeit. Der sehr markante holzige, aber nicht so wirklich störende, Eindruck vermochte es, sich mit den Stunden dem gesamte Geruchsbild unterzuordnen und nicht mehr so sehr ins Gewicht zu fallen wie er es in den ersten 30 Minuten tat. Nach einer guten halben Stunde entfalteten sich die Fruchtaromen immer mehr. Insbesondere saftige, reife rote Kirschen und ein Hauch herber Orangenmarmelade prägten meinen nasalen Fruchteindruck. Alles in allem machte der Tom's Block für einen Pinot von der Südinsel Neuseeland's einen sehr kühlen, alkoholfernen und bestechend herb-würzigen Eindruck auf mich. 

Am Gaumen zeigten sich von Beginn kräftige Aromen die mich an tonhaltige braune Erde, einem Hauch hochprozentiger Milchschokolade und ein Potpourri an getrocknete sehr herb wirkende Kräuter, wie Salbei, Thymian, einer Spur Eukalyptus und Hagebutte respektive vielleicht maulbeeriger Hagebutte, erinnerten. Auch ein schwacher Unterton an Karamell, welcher mir nicht ganz so zusagte, hielt sich von Beginn an die ersten beiden Stunden. Dann verflüchtigte er sich glücklicherweise immer mehr. Von Seiten der Frucht steuerte der Gaumen von meinem nasalen Kirscheindruck weg hin in Richtung wunderbar ernsthaft reifer und saftiger Himbeeren welche mit etwas Pflaumesmoothie-Eindrücken untermalt wurden. Das zedrig wirkende Holz war und ist auch am Gaumen spürbar. Bis jetzt, ca. vier Stunden inkl. kurzzeitiger Karaffierung nach Aufdrehung der Flasche, konnte es sich noch nicht in dem Maße unterordnen, wie es mir sicherlich mehr gefallen würde. Doch die Kraft seines Körpers lässt mich sehr gerne vermuten, dass in wenigen Jahren das Holz wesentlich besser ein-balanciert sein dürfte. Ein weiterer Eindruck, der in Verbindung mit „Tom's“ Jugend stehen dürfte, ist sein sehr feinsandiges, aber dennoch sehr griffiges, Tannin, das ein ungewöhnliches und weiter nicht abträgliches Mundgefühl bei mir hinterließ. Sandstrahliges Tannin könnte eine verständlichere Umschreibung sein. Vielleicht auch nicht!? Bezüglich seiner Länge und seiner Druckhaftigkeit hatte und habe ich keinerlei Grund mich beklagen zu müssen. Auch Attribute wie dralle Überfruchtung und ätherisierender Alkohol (13,5 %), wie ich es leider bei nicht wenigen Pinots von der Südinsel schon durchleiden durfte, waren beim Pinot von Neudorf überhaupt kein Thema. Soweit handelte es sich beim Tom's Block 2012 für mich um einen mir sehr gefallenden, ernsthaft wirkenden, sicherlich noch sehr herb jugendlichen Pinot Noir mit zweifelsohne sehr anständigen ***** Qualitäten der noch eine Weile auf entsprechende Flaschenruhe bestehen sollte.


Verkostet an einem trüb-sonnigen Tag mit milden end-oktoberlichen Temperaturen unter bewusster Missachtung des biodynamischen Kalenders mit einem Riedel Sommelier Burgundy Grand Cru Glas.

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