7.11.14

Arcadian Winery Dierberg Vineyard Pinot Noir 2006, Santa Maria Valley



Ein kleiner Rat vorab sei mir heute ausnahmsweise gestattet! Dem an Wein interessierten Leser lege ich dringend ans Herz die beiden folgenden Absätze unbedingt zu überspringen um frei von jeglicher durch Alkoholkonsum genährter „Behinderung“ meinerseits in das eigentliche Thema der Post einzusteigen zu können. Zur Erläuterung meiner Vorwarnung sollte ich anmerken, dass meine eigene spezielle durch Faulheit geborene Methodik des NichtKürzens, des NichtKorrigierens und nicht auf Sinnhaftigkeit Prüfens sicherlich zutiefst fragwürdig ist und gewisse Probleme hervorrufen mag. Probleme im Sinne von nichtendenwollender Herumschwafelei und noch mehr. Doch wie es nun mal so ist, ist es eben so! Und das ist auch gut so ;-). Also demnach, lieber springen ...

Ich nehme an, die durch angenehme Alkoholintoxikation heraufbeschworene Freude und ein damit manchmals einhergehendes durchdringendes, freudiges und erhebendes  „Wohlseinsgefühl“, im heutigen Falle meine freudigen Gefühle, sind ein nicht zu unterschätzendes und höchst subjektives Qualitätsmerkmal für einen Wein. Warum ich diesen durchaus etwas eigen anmutenden Satz, was bei mir ja sehr selten vorkommen mag, allem voranstelle, hängt wohl damit zusammen, dass ich schon lange, also doch immerhin seit mehreren Monaten, nicht mehr so ein angenehmes und psychisch wie physisches durchdringendes „Wohlseinsgefühl“ beim konsumieren eines Weines erleben durfte. Jedem, vom Wein besessenen, dürfte hin und wieder das Gefühl nicht fremd sein - nehme ich dreisterweise zumindest an -, zwar einen großartigen Wein zu verkosten und auch sicherlich zu schätzen, aber auf der Gefühlsebene nicht wirklich einen Zugang zu finden oder sogar ein, von mir aus, wahrhaftiges „Wohlseinsgefühl“ mit diesem Wein zu entwickeln. Mein heutiger Wein hat mir diesen speziellen Zugang, obwohl er in meinen Augen nicht mal ganz ein fantastischer Wein war, zu solch einem „Wohlseinsgefühl“ ermöglicht. Aber genug davon. Schmalziger sollte ich wirklich nicht werden ohne den eigentlichen Wein überhaupt erwähnt zu haben! Welcher Wein ist es denn nun …?

Na ja, wie man es bei mir erwarten dürfte, hat ein Pinot Noir solche bei mir seltenen Effekte ausgelöst. Einen Pinot Noir aus einer Region der Welt die all zu gerne mit klischeehaften und stereotypisch ausformulierten Einstellungen, selbstverständlich durchweg stets negativ konnotierten, überhäuft wird. Ich erlaube mir, was den heutigen Wein betrifft, anzunehmen, dass dieser über ein sehr hohes Vermögen verfügt, solche, meiner Meinung nach ignoranten Einstellungen, hinwegzufegen. Damit will ich nicht zum Ausdruck bringen, dass dieser Wein repräsentativ für eine Weinregion oder gar einen ganzen „Weinstaat“ stehen soll. Natürlich gibt es in Kalifornien, das ist der Ort auf den ich schwaflerisch vorbereiten möchte und ständig unerwähnt lasse, genügend Durchkonzipierten-(UndVonMirAusAuch)-Industrialisierten-Alko-Pop-Marmeladen-Weine! Ohne Zweifel! Die gibt es aber auch zur genüge aus heimatlichen Gefilden (was die heutige Rebsorte betrifft)! Um das Vorstellen von Weinen, die für ganze Weinregionen stehen sollen geht es mir aber nicht! In letzter Konsequenz, gepaart mit ernstzunehmender Aufrichtigkeit, geht es mir eigentlich um rein gar nichts! Wer bin ich den sowas von mir zu verlangen ...!? Und dennoch möchte ich hin und wieder Weine thematisieren, wie es vielleicht dem einen oder anderen aufgefallen ist, die es möglicherweise vermögen solche festgefahrenen Einstellung und Meinungen etwas aufweichen zu können oder zumindest in frage zu stellen. Jetzt reicht es aber wirklich mit meinem Herumgeschwafel!!! Und nochmals, welcher Wein ist es denn nun …?

So! Es ist soweit … endlich Wein! Mein heutiger „Pinot weit weg“ kommt aus der Santa Maria Valley AVA nord-westlich von Santa Barbara. Hergestellt wurde er von Arcadian Winery. Einer der bestrenommierten Pinot Noir Produzenten der südlichen Central Coast. Joe Davis, der Gründer und Weinmacher bei Arcadian, bekennt sich zu burgundischen Traditionen, was auch immer das inhaltlich im Detail bedeuten mag aber unschwer an seinen verwendeten Korken und deren Bedruckung (siehe Foto unten) feststellbar ist, und ist ein ergebener Freund der Weine, insbesondere des Clos de la Roche, der Domaine Dujac.

Das Traubengut des Dierberg Vineyard Pinot Noir 2006 stammt aus dem gleichnamigen im Jahr 1997 angelegten Weinberg der Familie Dierberg. ... Hierzu sei angemerkt, dass Arcadian seine Trauben von Weinbergen unterschiedlicher Familien und Weinbauern bezieht, aber selbst über keine Weinberge verfügt. Aus dieser in Kalifornien recht verbreiteten Praxis sollte man lieber nicht auf generell minderwertiges zugekauftes Traubengut schließen. Die würde entschieden zu kurz greifen ... Aber nun weiter im Text und lieber nicht wieder ins Geschwafel abgleiten! - Auf dem gen Süden gerichteten Weinberg herrschen von Meeressedimenten durchsetzte sandig-lehmige Tonböden vor. Die für diesen Wein verwendeten Klone erweisen sich als erstaunlich unterschiedlich. Neben den weit verbreiteten Dijon Klonen 115, 667 und 777, und dem altbekannten fruchtigen Martini Klon werden hier auch Champagner Klone, in dem Fall 31, angebaut. Letzterer wurde mit dem mit Ziel angepflanzt höhere Säurewerte für diese spezielle Art von Unterlage zu erreichen. Ob die sehr ansprechende und balancierte Säure im Dierberg Vineyards Pinot nur auf diese weise erreicht wurde oder doch Aufsäuerung von Nöten war entzeiht sich meiner Kenntnis. Geerntet wurden Trauben zur frühen Morgenstunde am 22. und 29. September 2006, anschließend einer schon fast frostigen Mazeration bei ca. 7 C ausgesetzt, in offenen Holzbottichen vergoren und anschließend für 26 Monate in 50 % neuen Sirugue „extra dichten“ Eichenholzfässern ausgebaut. Geschönt und Gefiltert wurde nichts. Und jetzt, jetzt endlich kommt es …




Der Dierberg Vineyard Pinot Noir 2006 von Arcadian zeigte in visueller Hinsicht ein schönes und leicht fahl wirkendes Rubinrot mit durchdringender Transparenz und bis auf einen erwähnenswerten Wasserrand kaum Verfärbungen am Rande.



Die ersten länger anhaltenden Momente zeigten sich in der Nase wunderbar ausgereifte und klare Aromen von Himbeeren, schüchterne Ausprägungen von Brombeeren, leicht florale Züge, sowie Anklänge von Limonen, einem Hauch Backpulver und von der gemüsigen Seite kommend ein Spur an Rübensaft. Schon hier zeigte sich seine erwähnenswerte Präzision und etwas streng-seriöse Art die später, so ca. nach zwei Stunden, mit Düften die an Sanddorn, Unterholz, braunen Blättern, etwas Trockenfleisch, verhältnismäßig viel Holzkohle, raffinierter Vanille und vielleicht einer Spur Wacholder ausgebaut wurden. Auf dem Höhepunkt der diesmaligen Verkostung zeigte sich die Frucht gleichbleibend, aber noch etwas integrativer, und die floralen Eindrücke ein wenig auf dem Rückzug.



Am Gaumen wirkte der Wein die erste Zeit ebenfalls noch recht elegant französisiert reserviert. Die gemüsigen Züge gaben die erste Stunde den Ton an. Danach wachten die Aromen welche an reife Himbeeren und weitere Waldbeeren erinnerten so langsam auf. Diese erinnerten zu keiner hundertstel Sekunde an lästig-süße Gaumenschmeichler, ein beschreibender Ausdruck dem ich rein gar nichts abgewinnen kann, oder an fruchtigen Brotaufstrich. Trotz seiner zurückhaltenden Art die ersten ein bis zwei Stunden war mir schon ab der ersten Minute klar – da kommt noch was! Und so sollte es sich auch zutragen. Ab Stunde zweieinhalb bis drei wurden die Fruchtaromen wesentlich raffinierter, saftiger uns ausgewogener. Die Waldbeeren dürften zu diesem Zeitpunkt klar im Vordergrund gestanden haben. Auch kühl anmutende Pflaumenaromen spielten eine gewisse Rolle. Dazu gesellten sich tendenziell leise Aromen die an Leder, Pancetta, Karamell und Sanddorn erinnerten. Ab Stunde drei bis vier nahm der Druck am Gaumen immer mehr Fahrt auf und hinterließ eine beeindruckende Länge und mineralisch-bissig-beeindruckende Komplexität. Doch die Balance zwischen kühl wirkenden fruchtigen Komponenten und tiefgründiger mineralischer Prägung machten den Genuss des Weines aus. Sein, zwar sehr feinkörniger, Gerbstoff sollte vielleicht noch etwas Entwicklungszeit zugestanden werden. Dann könnte dieser Pinot von Arcadian fantastische Eindrücke in mir hinterlassen. Bei dieser Verkostung traute ich mir das Überspringen diese Hürde nicht zu. Doch sehr anständig ***** war er für mich mehr als nur allemal! Ach ja, bevor ich es vergesse! Die auf dem Foto gut lesbaren 14 Volt stellten für mich in diesem Fall zu keinem Zeitpunkt ein Problem dar. Die Integration machte den Unterschied!


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